Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz von Bundesminister Hans-Peter Doskozil und dem Leiter des Kommando Luftstreitkräfte, Bgdr Karl Gruber, wurden am Freitag dem 7. Juli 2017 die Ergebnisse der Sonderkommission „Aktive Luftraumüberwachung“ präsentiert.  Kern der Vorschläge ist ein kompletter Systemumstieg:

Man stellte sich zunächst die Frage, welche Fähigkeiten die Luftstreitkräften haben müssten, um im Anlassfall angemessen reagieren zu können? Ein bewaffneter Trainer könne nur die Hälfte der Szenarien abdecken.

Bgdr Gruber meinte, der Eurofighter sei ein gutes Flugzeug, Österreich habe aber nur einen Teil der Ausrüstung beschafft. Wichtig seien hier drei Punkte:

  • Waffen
  • Nachtsichtfähigkeit
  • Selbstschutzsystem

Bewaffnung

Dabei geht es zum einen um eine radargesteuerte Luft-Luft-Lenkwaffe, die im Gegensatz zur 2006 beschafften IRIS-T allwettertauglich ist. Referenzmodelle sind die MBDA METEOR und die Raytheon AIM-120C5/C7 AMRAAM:

Abb. 1: Start einer MBDA METEOR durch eine Dassault Rafale der DGA Essais en Vol in Cazaux (Foto: MBDA)

Abb. 2: Raytheon AIM-120 AMRAAM (Foto: Raytheon)

Wie General i.R. Horst Pleiner berichtet, wurde am 26. Mai 1994 in den USA das Exportfreigabeverfahren für die AIM-120 AMRAAM eingeleitet [PLEINER Horst: Österreich und die NATO am Ende des 20. Jahrhunderts, in: Manfried RAUCHENSTEINER (Hrsg.): Zwischen den Blöcken. NATO, Warschauer Pakt und Österreich (= Schriftenreihe des Forschungsinstitutes für politisch-historische Studien der Dr.Wilfried-Haslauer-Bibliothek 36, Wien – Köln – Weimar 2010), p. 615-686]. Die Genehmigungsschreiben wurden von den Vereinigten Staaten mit 25. März 1996 datiert und an den damaligen Generaltruppeninspektor, General Majcen, und Bgdr Josef Bernecker, 1980 bis Anfang 2002 Leiter der Luftabteilung im BMLV, übergeben.

Das Militärische Pflichtenheft für die Nachfolge des Draken (Es gab zwei Versionen: 1998, 2000; Militärische Pflichtenhefte überaltern nach mehr als zwei Jahren) verlangte die Einführung von Kurz- und Mittelstreckenlenkwaffen. Als der Kaufvertrag 2003 abgeschlossen worden war, plante das BMLV zwar die Beschaffung von 18 Bordkanonen, aber nur einer Minimalbewaffnung für vier Eurofighter, bestehend aus 20 Kurzstrecken-Lenkwaffen und 8 AIM-120 AMRAAM. Im Jahr 2006 wurden für 5,3 Mio. EUR insgesamt 20 Diehl BGT Defence IRIS-T (Infrared Imaging System – Tail/Thrust Vector Control) als Ersatz für die AIM-9P3 und AIM-9P5 Sidewinder bestellt. Die Einführung einer Luft-Luft-Lenkwaffe mit höherer Reichweite kam nicht zustande.

Abb. 3: SAAB J-35 Draken mit AIM-9P5 Sidewinder (Foto: Fliegerdivision)

Der Verzicht auf die Aufrüstung der österreichischen Eurofighter auf den Standard Tranche 2 Block 8 im Vergleich zwischen der Republik Österreich und der Eurofighter Jagdflugzeug GmbH vom 24. Juni 2007 führte u.a. zu einer Leistungsminderung der IRIS-T. Erst mit dem Phase 1 Enhancement P1E(a)/Software Release Package 10 (SRP 10) der Tranche 2 Block 8 wurde die digitale Integration der Lenkwaffe umgesetzt. Das bedeutet, dass die Lenkwaffe über das Helmdisplay (HMSS … Helmet Mounted Symbology System) des Piloten einem Ziel zugewiesen werden kann (die Zielzuweisung und die darauf folgende Priorisierung wird durch einen Sprachbefehl ausgelöst), womit die Leistungsfähigkeit der IRIS-T mit Schubvektorsteuerung und beweglichem Infrarotsuchkopf voll ausgenutzt wird.

IRIS-T arbeitet mit einem abbildenden Infrarotsensor. METEOR verwendet dagegen einen aktiven Radarsuchkopf. Sie hat als Mittelstreckenlenkwaffe eine Reichweite von über 100 km und kann auf Flughöhen zwischen 0,15 und 12,2 km verschossen werden.

Abb. 4: Montage einer Lenkwaffe des Typs IRIS-T an einem Eurofighter des Bundesheeres (Foto: Bundesheer)

Die fehlende Allwettertauglichkeit des Suchkopfs von IRIS-T war jüngst auch Thema in der Schweiz. Dort ging es aber um ein bodengestütztes Luftverteidigungssystem, das unter dem Titel „BODLUV 2020“ firmierte. Einer der Kandidaten war Diehl BGT Defence mit der IRIS-T SL, einer IRIS-T die mit stärkerem Raketenmotor und Datenlink aufgerüstet wurde. Eine am 21. September 2016 abgeschlossene Administrativuntersuchung stellte bezüglich der Fliegerabwehrlenkwaffe IRIS-T SL fest:

Infrarot-Suchköpfe sind bekannt dafür, dass ihre Erfassungsreichweite bei eingeschränkten Sichtbedingungen reduziert wird. IRIS-T SL sei nicht in der Lage, evasive Ziele, welche sich in den Wolken befinden, erfolgreich zu bekämpfen. Nicht-evasive Ziele könnten bei ausreichender Führung durch einen Suchradar in allen Fällen über die gesamte Reichweite bekämpft werden.

 

637.32 Allwettertauglichkeit

Im militärischen Pflichtenheft wird gefordert, dass die Lenkwaffe unter optimalen Sensorbedingungen mit einer Wahrscheinlichkeit von 75 Prozent im nicht gestörten Klima und von 50 Prozent im gestörten Klima die Ziele zerstört. Der Suchkopf muss allwettertauglich sein. Die verschiedenen Komponenten müssen in allen geographischen Regionen der Schweiz bis 2000 Meter über Grund, in allen Jahreszeiten und bei allen Witterungsverhältnissen eingesetzt werden können. Keine einsatzrelevanten Einschränkungen dürfen bei Einsatztemperaturen von -32 bis +49 C, Regen von bis 8 mm/h eintreten. Die Sichtweite muss mindestens 200 Meter betragen.

Die Spezialisten der Luftwaffe bescheinigten der Lenkwaffe IRIS-T SL die Allwettertauglichkeit nicht, weil die geforderten 200 Meter Sichtweite nicht erfüllt waren. In diesem Fall sei die Trefferwahrscheinlichkeit kleiner als 75 Prozent.

Neben der IRIS-T verfügen die Eurofighter des Bundesheeres derzeit nur über eine fix verbaute Maschinenkanone des Typs Rheinmetall Waffe Munition (Mauser) BK-27 in der Flügelwurzel.

Abb. 5: Rheinmetall Waffe Munition BK-27 (Foto: Rheinmetall Defence)

Abb. 6: Mündung der Maschinenkanone in der Flügelwurzel eines Eurofighter (Foto: Eurofighter Jagdflugzeug GmbH)

Nachtsicht und Selbstschutz

Andererseits sind Systeme gefordert, die eine sichere Annäherung an Luftfahrzeuge bei Nacht und schlechter Sicht, sowie ihre Identifizierung ermöglichen, aber auch ein Selbstschutzsystem, um das Risiko für österreichische Militärpiloten bei Einsätzen gegen andere Militärluftfahrzeuge zu reduzieren. Die verbindliche Angebotseinholung am 10. Oktober 2001 sah als Muss-Forderung die Beschaffung von acht elektrooptischen Zielerfassungseinrichtungen und acht Selbstschutzsystemen vor. Im Kaufvertrag über 18 Eurofighter vom 1. Juli 2003 waren nur noch sechs Selbstschutzsysteme DASS (Defensive Aids Subsystem) für 44,6 Mio. EUR und sechs elektrooptische Zielerfassungseinrichtungen PIRATE (Passive Infra-Red Airborne Track Equipment) für 8,4 Mio. EUR enthalten. Um das DASS betreiben zu können wäre auch eine Einrichtung zur Erstellung von Bedrohungsbibliotheken (34,1 Mio. EUR) erforderlich gewesen, die aber nicht mehr Teil des Kaufvertrags war.

Beide Systeme wurden durch den damaligen Bundesminister Darabos im Vergleich mit der Eurofighter Jagdflugzeug GmbH vom 24. Juni 2007 gestrichen. Die nach den diversen Einsparungsrunden an Österreich gelieferte Konfiguration des Eurofighter verfügt als Sensor nur noch über das Bordradar Euroradar ECR-90 Captor.

Abb. 7: Ausschnitt aus der Vergleichspunktation vom 24. Juni 2007.

Abb. 8: Euroradar ECR-90 CAPTOR (Foto: Euroradar)

Was sind PIRATE und DASS?

PIRATE ist ein sogenanntes Track While Scan InfraRed Search and Track System (IRST). Systeme dieser Art dienen im Einsatz zur völlig passiven Identifizierung von Luftzielen (d.h. die Selbstschutzvorrichtungen eines fremden Militärluftfahrzeugs werden während der Erfassung durch das PIRATE nicht aktiviert) und auch als Landehilfe bei Nacht. Zur Darstellung wird sowohl ein Bildschirm, als auch das Helmdisplay des Piloten genutzt (abhängig vom Betriebsmodus). Man unterscheidet zwischen IRST und FLIR. Der Pilot kann zwischen dem Standby-Modus oder drei IRST-Betriebsmodi und drei FLIR-Betriebsmodi wählen:

  • IRST-Betriebsmodi
    • Multiple Target Track Mode (MTT; eine vom Piloten vorgegebene Zahl von Luftzielen wird durch PIRATE verfolgt, erfasst und priorisiert; bei Auswahl eines der erfassten Zeile wechselt das System in den STT-Modus)
    • Slaved Acquisition Mode (SACQ; Erfassung eines Einzelziels anhand von eingegebenen Koordinaten; bei Auswahl des Einzelziels wechselt das System in den STT-Modus)
    • Single Target Track Mode (STT; das System verfolgt ein Einzelziel und stellt dem Piloten Zielinformationen zu Verfügung; dieser Modus erlaubt außerdem die Nutzung einer Funktion zur Zielidentifizierung, bei der PIRATE entweder genau dasselbe Gebiet abdeckt, wie das Bordradar des Eurofighter oder ein vom Erfassungsbereich des Bordradars abweichendes Gebiet absucht; erfasste Ziele werden priorisiert und die am höchsten eingestuften dem Piloten präsentiert)
  • FLIR-Betriebsmodi
    • Landing Aid Mode (LAAD; ein Wärmebild wird auf das Helmdisplay des Piloten projiziert, um den Piloten bei Start und Landung des Flugzeugs zu unterstützen)
    • Flying Aid Mode (FLAD; bei Luft-Boden-Einsätzen und Einsätzen mit niedriger Bedrohung wird ein Wärmebild auf das Helmdisplay des Piloten projiziert; es kann auch eine Thermal Cueing-Funktion gewählt werden, durch die potentielle Bodenziele erfasst, verfolgt und hervorgehoben werden)
    • Steerable IR Picture on Helmet Mode (SIRPH; ein Wärmebild der Umgebung des Flugzeugs, das genau der Sichtlinie des Piloten entspricht, wird auf das Helmdisplay projiziert)

Abb. 9: IRST PIRATE (Foto: Grupo Oesia)

Die vom PIRATE gelieferten Bilder werden mit den Daten von ECR-90, DASS und dem Freund-Feind-Kennungssystem (IFF – Identification Friend Foe) kombiniert.

Abb. 10: Flugplatz Manching bei Nutzung des Systems PIRATE als Landehilfe (Foto: Eurofighter Jagdflugzeug GmbH, 20. September 2006)

Das Defensive Aids Subsystem besteht aus folgenden Bestandteilen:

  • Defensive Aids Computer (DAC)
  • Chaff-Dispenser
  • Flare-Dispenser
  • ESM/ECM-Ausrüstung

Abb. 11: Avionikarchitektur des Eurofighter Typhoon (WORNING Chris: Operational Capabilities of the Eurofighter Typhoon)

Die ECM/ESM-Ausrüstung, die von Airbus Group, BAE Systems, Elettronica und INDRA gefertigt wird, umfasst ein geschlepptes Täuschziel und Antennen, die in den Behältern an der Flügelspitze des Eurofighter integriert sind, sowie Laser-, Raketen- und Radarwarnsensoren.

Abb. 12: Komponenten des Selbstschutzsystems DASS (Foto: Finmeccanica)

Abb. 13: Übersicht über das DASS am Eurofighter (Foto: EADS)

Abb. 14: Komponenten des Selbstschutzsystems DASS (Foto: BAE Systems)

Abb. 15: Hauptkomponenten des DASS [BEARLEY Neill: Creating Componentised Systems for EW (2016)]

Das ECM-Subsystem (Electronic Countermeasures), ein Selektiv-Störsender gegen Radarsysteme, verfügt über sogenannte Digital Radio Frequency Memories (DRFM), die Stör- und Täuschmaßnahmen  gegen unterschiedliche Ziele durchführen können; dies geschieht mithilfe beweglicher Keulen, durch die der Störstrahl ausgerichtet und die Leistung in der gewünschten Richtung erhöht werden kann. Seine Störsender und Antennen sind in der linken Flügelwurzel installiert. Sie arbeiten in den Frequenzbändern H – J.

Das ESM-Subsystem (Electronic Support Measures) erkennt und identifiziert Radarsignale in den Frequenzbändern E – K und zeichnet sie für die Nachbereitung von Einsätzen auf. Seine Antennen befinden sich an der Vorder- und Rückseite des linken Flügelspitzenbehälters.

Abb. 16: Port Wing Tip Pod ESM/ECM [CRANVEY Derek M.: Cooling Eurofighter Typhoon, 20 October 2011]

Der TRD (Towed Radar Decoy) ist ein geschleppter Radarköder (Täuschziel), der Funksignale im H- bis J-Band aussendet. Er kann binnen weniger als 6 Sekunden eingesetzt und auch bei Überschallgeschwindigkeit geschleppt werden. Die Verbindung zum Flugzeug erfolgt über ein Glasfaserkabel. Insgesamt sind zwei Kabel mit Radarködern im hinteren Teil des rechten Flügelspitzenbehälters (Wing Tip Pod) eingebaut. Bei Fehlfunktionen kann die „Built-In Test“ (BIT) Funktion das fehlerhafte Kabel samt Radarköder abtrennen und automatisch das zweite Kabel ausfahren.

Abb. 17: Starboard Wing Tip Pod ESM/ECM [CRANVEY Derek M.: Cooling Eurofighter Typhoon, 20 October 2011]

Abb. 18: Schleppköder ARIEL Fibre Optic Towed RF Decoy (Foto: Selex ES)

Das MWS (Missile Warning System) besteht aus drei Raketenwarnern (Funktionsprinzip: Puls-Doppler-Radar) mit sehr kleiner Reaktionszeit, die die Werfer für Düppel (Chaff) automatisch auslösen. Je ein Empfänger ist an den Flügelwurzeln sowie an der Basis des Heckleitwerks angebracht.

Der CFD (Chaff and Flare Dispenser) kann in drei Modi genutzt werden: automatisch, semi-automatisch und manuell. Die Werfer für Infrarotlockziele sind unter den Flügeln montiert und die Düppelwerfer befinden sich in den äußersten zwei Pylonen unter den Flügeln. Der Eurofighter führt 32 Infrarotlockziele (MTV-Flares oder Spektral-Flares; MTV … Magnesium/Teflon/Viton) und 320 Chaff-Pakete mit. Die MTV-Flares wirken gegen Lenkwaffen mit IR-Suchkopf der 1. und 2. Generation, die Spektral-Flares gegen die IR-Schutzmaßnahmen (IRPM … InfraRed Protection Measures) von Lenkwaffen der 3. Generation und die Chaff-Pakete dienen der Täuschung von Radarsystemen. Die Startsequenzen der Täuschkörper können programmiert werden.

Abb. 19: Werfer für Infrarotlockziele des Eurofighter Typhoon (Foto: Cobham plc)

Abb. 20: Flare (Foto: Cobham plc)

Abb. 21: SAAB BOL Advanced Countermeasures Dispenser (SAAB Defence & Security)

Abb. 22: Chemring Countermeasures BOL Chaff Pack (Foto: Eurofighter Jagdflugzeug GmbH)

Abb. 23: Chemring Countermeasures BOL Chaff Pack (Foto: SAAB Defence & Security)

Die Eurofighter der Royal Air Force verfügen außerdem über einen Laserwarner. Im Cockpit werden u.a. die Abdeckung des Bordradars, die Zahl der verfügbaren Täuschkörper und der Status des geschleppten Täuschziels angezeigt.

Abb. 24: Statusanzeige von DASS im Cockpit (Geschwindigkeit, Richtung, Flughöhe, Neigungswinkel, Status des Schleppköders, C … Zahl der verfügbaren Chaff-Pakete, F … Zahl der verfügbaren Infrarotlockziele, Reichweitenkreise, Radarkegel; Foto: Eurofighter Jagdflugzeug GmbH)

Der Defensive Aids Computer (DAC) steuert das Selbstschutzsystem. Er nutzt sogenannte Bedrohungsbibliotheken, um die Art der Bedrohung zu identifizieren, sie je nach Grad der Gefährdung einzustufen, die passenden Gegenmaßnahmen zu aktivieren und dem Piloten dazugehörige Flugmanöver zu empfehlen (koordinierte Gegenmaßnahmen). Seine Daten werden u.a. auch vom Navigation Computer zur Aktualisierung der Navigationsdaten verwendet.

MinR Karl Hofer, der ehemalige Projektleiter für die Abfangjäger-Nachbeschaffung, äußerte sich bei seiner Befragung im Untersuchungsausschuss über das Kampfflugzeug „Eurofighter Typhoon“ am 2. Juni 2017 folgendermaßen über das Fehlen dieser Systeme:

Sie wissen, ohne diese Nachtsichtausstattung, ohne diese Ausrüstung, ist der Eurofighter in der Nacht nicht einsetzbar, aus zwei verschiedenen Gründen. Der eine Grund ist: Wenn man diese Wärmebildausstattung, FLIR, nicht hat, ist es einfach ein Flugsicherheitsrisiko, sich an ein Zielobjekt nur mit einem Radar anzunähern. Natürlich, das Radar funktioniert, nur zur Feinabstimmung bräuchte man so etwas. In der Nacht ist er daher nicht einsatzfähig. Und weil man ja, wenn man in der Nacht dorthin fliegt, nicht weiß, mit wem man es zu tun hat, wäre es schon aus Sicherheitsgründen auch notwendig, diese passiven Selbstschutzeinrichtungen zu haben.

 

Und was diese passiven Selbstschutzeinrichtungen betrifft, muss man sich das so vorstellen: Das ist ja nicht eine Ausrüstung, die man hineinschiebt und es funktioniert, sondern da muss man gewaltige organisatorische Aufwendungen tätigen, damit man das überhaupt betreiben kann. Man braucht Bedrohungsbibliotheken. Bedrohungsbibliotheken kann man nicht anlegen. Ich möchte zum Beispiel einen Radar-Emitter auf meinem Screen haben und genau identifizieren können, von wem ich da jetzt angeleuchtet werde. Dazu brauche ich eine Bedrohungsbibliothek, in der eben diese Emitter gespeichert sind. Nur muss man diese Emitter einmal herausfinden – wer schaltet schon die Radare unter normalen Umständen ein? –, und wenn man diese Emitter einmal programmiert hat, muss man sie validieren, man muss damit üben.

Im anderen Fall ist es so, wenn da unten ein Schuss losgeht, von den Terroristen oder wem immer, hilft es dem Piloten oben überhaupt nichts, wenn er sagt: Na ja, eigentlich hätte es funktionieren sollen. – Daher ist gewissermaßen das Ganze rundherum, um diese passiven Selbstschutzeinrichtungen, die viel größere Herausforderung. Und da sind wir im Bundesheer insgesamt in den letzten fünf, sechs Jahren mit dieser Fähigkeit im Aufwuchs. Wir haben das beim Hubschraubersystem Black Hawk und bei dem AB-212-Hubschrauber schon einigermaßen im Griff, und jetzt kommt eben auch noch das Kampfflugzeug dazu.

Unterm Strich gesagt: Hätten wir damals diese Ausrüstung gekauft, hätten wir sie eine Zeit lang nicht nutzen können, weil wir einfach die organisatorischen Voraussetzungen nicht hatten. Nichtsdestotrotz werden wir sie aber brauchen. Diese Ausrüstung für die Tranche-1-Flugzeuge – wir sprechen von Tranche 1, die wir haben –, gibt es nicht mehr neu; da ist die Produktion schon längst eingestellt. Wir werden uns bei den Core-Nationen umschauen müssen, ob wir gebrauchte Sätze bekommen; das ist jetzt im Prüfauftrag drinnen. Also die Ausstattung der Eurofighter mit diesen passiven Selbstschutzeinrichtungen wird geplant, und auch die Nachtsichtausstattung.

Da wird es dann zwei Dinge geben: Das eine ist fix eingebaut, da ist im Helmvisier alles drinnen – eine ziemlich leistungsfähige Sache, bei der ich selbst die Kennung des Flugzeuges ablesen kann, also wirklich identifizieren kann, die gleichzeitig auch dokumentiert wird; das heißt, man braucht nicht mehr mit der Digitalkamera hinauszufotografieren. Da das System erst so 2020, 2021 verfügbar sein wird, werden wir in der Zwischenzeit mit sogenannten Night Vision Goggles arbeiten, damit wir auch Nachteinsätze mit dem Eurofighter machen können.

Probleme mit der Tranche 1

Das Bundesheer hat seit der Streichung des Upgrades auf die Tranche 2 Probleme mit der Ersatzteilversorgung der Flugzeuge. Die Sonderkommission führte Gespräche mit Nationen, die Eurofighter der Tranche 1 nutzen und stellte fest, dass die Flugzeuge aus dieser Baureihe zwar weiter genutzt werden, aber in unterschiedlicher Form. Die notwendigen technischen Modifikationsmaßnahmen sind u.a. davon abhängig, ob diese Eurofighter in der jeweiligen Luftwaffe als reines Luftverteidigungssystem oder als Mehrzwecksystem genutzt werden. Ein Betriebsende der Tranche 1 ist, abhängig von der jährlichen Flugstundenproduktion, zwischen 2035 und 2040 zu erwarten. Bei einem Weiterbetrieb wäre das Österreichische Bundesheer möglicherweise auf einen strategischen Partner mit einem den österreichischen Plänen ähnlichen Nutzungskonzept angewiesen. Durch diese Abhängigkeit entsteht auch ein mit großen Unsicherheiten behaftetes Kostenrisiko.

Bei einem Weiterbetrieb der 15 „Eurofighter“ der Tranche 1, verbunden mit der Neuanschaffung von 10 Advanced Jet Trainern würde die permanente Luftraumüberwachung nur zu 75 % durch die Abfangjäger erfüllt. Hinzu kommen die enormen Kosten der In-Service-Support-Verträge und das zusätzliche Kostenrisiko durch die fehlende Einheitlichkeit der Tranche 1-Flugzeuge in den Betreibernationen.

Die aktuelle Situation bei den In-Service-Support-Verträgen ist unterschiedlich: Der ISS-Teilvertrag (ISS-3) und der TW-Teilvertrag (EJ-3) wurden ab Februar 2016 um insgesamt 8 Jahre bis Februar 2024 verlängert. Die Verlängerung des MC-Teilvertrags, der 99 Monate gilt und im Mai 2019 ausläuft, hängt von den weiteren politischen Entscheidungen zum Weiterbetrieb des Eurofighter ab. Die Verhandlungen über die Vertragsverlängerung mit der Firma Airbus werden im 2. Halbjahr 2018 stattfinden. Das gilt auch für den TDS-Teilvertrag, der ab Januar 2019 verlängert werden muss, wobei die Vertragsverhandlungen für das 3. Quartal 2018 geplant sind.

Überlegungen zur Neuausrichtung der Luftraumüberwachung

Die Kommission stellt fest, dass eine Steigerung der Verfügbarkeit der Abfangjäger nur mit einer Erhöhung der Pilotenanzahl von 14 auf 18-24 und damit verbunden einer Erhöhung der Flugstundenproduktion von rund 1.200 auf 1.800-1.900 pro Jahr möglich ist. Neben den bereits angesprochenen Punkten Nachtsichtfähigkeit und Allwetterlenkwaffe sei auch die Pilotenausbildung zu überdenken. Die Kommission empfiehlt hier ein Abgehen von den bisherigen Überlegungen zum Kauf oder Leasing eines Jettrainers. Stattdessen sollte eine geringe Anzahl doppelsitziger Kampfflugzeuge angeschafft werden.

Anhand einer Referenzvariante, die vom Weiterbetrieb der aktuellen 15 „Eurofighter“ über 30 Jahre und dem Kauf oder Leasing von 10 Advanced Jet Trainern ausgeht (in den Vergleichsgrafiken als Nulllinie eingezogen), wurden 6 Beschaffungs- und Betriebsvarianten errechnet. Davon sind drei Varianten als „Zwei-Flotten-System“ und drei Varianten als „Ein-Flotten-System“ ausgelegt, davon je eine Variante des „Zwei-Flotten-Systems“ und des „Ein-Flotten-Systems“ in Form einer kompletten Neuanschaffung von Kampfflugzeugen bzw. Jettrainern. Dabei wird davon ausgegangen, dass nach 30 Jahren Betrieb üblicherweise zu einem Drittel Beschaffungskosten und zu zwei Dritteln Betriebskosten anfallen. Eventuelle Verwertungserlöse aus der derzeitigen „Eurofighter“-Flotte waren nicht Teil der Berechnungen. Es konnte auch keine Auskunft darüber gegeben werden, welches Nutzungskonzept (Flugstundenproduktion, Anzahle der Piloten, Einsatzbereitschaft für Luftraumüberwachung, Dauer der möglichen Luftraumsicherungsoperationen pro Jahr, Ausbildungsflugbetrieb) den Beschaffungs- und Betriebsvarianten zugrunde liegt.

Die neue Flotte soll die aktive Luftraumüberwachung über Österreich vollständig übernehmen. Bisher sind 150 Tage im Jahr die 47 Jahre alten Jettrainer Saab-105OE in der Einsatzbereitschaft eingeteilt. Damit lehnt sich das BMLVS an Pläne an, die bei der Vorbereitung der „Draken“-Nachfolge gemacht wurden (mit dem Unterschied, dass bei der Angebotseinholung im Jahr 2001 24 Einsitzer + optional 6 Doppelsitzer gefordert waren).

Untersuchungsausschussprotokoll (1/GO) 6. Sitzung, 13.12.2006 – öffentlicher Teil (43/KOMM)

Günther Barnet:[…] Ich war in der Zeit vom März 2000 bis zum März des Jahres 2003 im Bundesministerium für Landesverteidigung im Kabinett des Bundesministers beschäftigt, zuerst als so genannter Erster politischer Sekretär, später war mit dieser Aufgabe auch die Stellvertretung des Kabinettchefs verbunden. […] Damit bin ich bei noch einem Punkt, auf den ich hinweisen möchte, nämlich dass die gesamte Konzeption – ich glaube, es war der Vorschlag des Sektionsleiters General Corrieri, der damals auch gleich gesagt hat, es wäre sinnvoll, die gesamte Flotte der Düsenflugzeuge, also beide Typen, Draken und SAAB 105 OE, durch einen neuen Typ zu ersetzen. Daher ist es zu dieser berühmten Stückzahl von 30 Flugzeugen statt 53 gekommen, weil auch diese Aufgabe damit hätte wahrgenommen werden sollen.

Ein konkretes Modell, wie die Einsatzbereitschaft der Luftraumüberwachung künftig ausgestaltet sein soll, ist derzeit noch nicht ausgearbeitet. Der Bericht „Maßnahmen ÖBH 2018. Erweiterte Beurteilung“ vom Februar 2016 stellt hinsichtlich der Erfordernisse zur Luftraumüberwachung fest:

Die aktuelle Bedrohungslage verlangt die Fähigkeit einer ganzjährigen aktiven und passiven Luftraumüberwachung rund um die Uhr (inklusive der Abwehr von Kleinflugzeugen und unbemannten Luftfahrzeugen).

Im April 2005 wurde aber durch das BMLV gegenüber dem Rechnungshof die Fähigkeit zur aktiven Luftraumüberwachung rund um die Uhr mit nur 18 Flugzeugen verneint:

Im Hinblick auf die Anzahl der bestellten Kampfflugzeuge
ergaben sich laut BMLV folgende Verwendungsmöglichkeiten:

Mit 18 Kampfflugzeugen und 18 Piloten könnte eine durchgehende Einsatzbereitschaft für die Luftraumüberwachung nicht sichergestellt werden.
Eine aktive Luftraumüberwachung von 24 Stunden über 365 Tage wäre nur bei 24 Kampfflugzeugen und 36 Piloten möglich.

Laut BMLV sei mit dem Kampfflugzeug Eurofighter jedoch eine wesentliche Verbesserung der Aufgabenerfüllung zur Sicherstellung der Souveränität des österreichischen Luftraumes möglich. Insbesondere die Leistungsdaten und die modernste Technologie des Kampfflugzeuges
Eurofighter in Verbindung mit der Ausstattung neuester Informations– und Kommunikationstechnologie sowie Lenkwaffen ergäbe eine wesentliche Steigerung des Einsatzwertes des neuen Flugsystems im Vergleich
zum Flugzeug SAAB 35 OE (Draken).

Die Qualität der Luftraumsicherung wäre zwar besser als mit dem Flugzeug SAAB 35 OE (Draken), sei jedoch mit dem bestellten Leistungsumfang nur in Ansätzen erfüllbar.

Eine Luftverteidigung wäre zeitlich und räumlich nur im geringsten Umfang möglich.

Eine Mitwirkung an friedenserhaltenden internationalen Einsätzen außerhalb Österreichs sei mit dem im Kaufvertrag festgelegten Leistungsumfang nicht vertretbar, weil insbesondere die entsprechende Schutzfunktionalität nicht in vollem Umfang gegeben sei. Auch könne mit der derzeitigen Ausstattung die Luftaufklärung nicht wahrgenommen werden.

MILNEWS.AT vorliegenden Informationen zielen auch die derzeitigen Überlegungen nicht darauf ab, eine aktive Luftraumüberwachung rund um die Uhr zu ermöglichen. Die angedachten Rahmenbedingungen sehen folgendermaßen aus:

  • 18 Flugzeuge (15 Einsitzer + 3 Doppelsitzer)
  • 2 Standorte
  • Aktive Luftraumüberwachung an 365 Tagen (9 – 10 Stunden pro Tag)
  • 24 Stunden pro Tag über beschränkte Zeiträume (Luftraumsicherungsoperationen zum Schutz von Großereignissen)

Im Vergleich zum operativ-taktischen Konzept vom November 2007 und dem operativen Verfahrenskonzept „Luftsouveränität“ vom November 2011 bedeutet es etwa ein Zurückgehen auf das nach dem Vertragsabschluss für 18 einsitzige Eurofighter erstellte operativ-taktische Konzept:

  • Operativ-taktisches Konzept für die Nachfolge der Draken (1997)
    • 24 Flugzeuge (Luftraumüberwachung)
      • Berechnung des Bedarfs
        • 6 Kampfflugzeuge pro Standort
        • 10 Kampfflugzeuge für Aus- und Weiterbildung der Piloten
        • 8 Kampfflugzeuge für Wartung/Instandsetzung (Begründung: Erreichung einer Flottenverfügbarkeit von 70 %)
      • Luftraumsicherung: 30 Flugzeuge
      • Luftverteidigung: 75 Flugzeuge
    • 4.320 Flugstunden pro Jahr
    • 36 Piloten (bzw. 24 Piloten mit 3.600 Flugstunden pro Jahr)
    • 2 Standorte
    • Luftraumüberwachung 24 Stunden/365 Tagen
  • Operativ-taktisches Konzept (Juni 2005)
    • 18 Flugzeuge
      • Berechnung des Bedarfs
        • 12 Kampfflugzeuge (Einsatzbereitschaft von 2+1 Flugzeugen; gleichzeitiger Start von bis zu 4 Flugzeugen; Luftraumsicherungsübungen mit bis zu 8 Flugzeugen)
        • 6 Kampfflugzeuge für Wartung/Instandsetzung
    • 1.800 Flugstunden pro Jahr
    • 18 + 5 Piloten
  • Operativ-taktisches Konzept (November 2007)
    • 15 Flugzeuge
    • Flottenverfügbarkeit (Klarstand-Planwert):
      • bis zu 66% (10 Eurofighter)
    • 1.800 Flugstunden pro Jahr
    • 23 Piloten (+ 1 Reservepilot)
    • Einsatzbereitschaft:
      • täglich 2 Eurofighter (+ 1 Eurofighter in Reserve)
    • Luftraumsicherungsoperationen:
      • 4 x 3 Wochen pro Jahr (9 verfügbare Eurofighter)
    • Ausbildungsflugbetrieb:
      • 8 Trainings-Eurofighter + 3 Eurofighter für die Luftraumüberwachung
  • Operatives Verfahrenskonzept „Luftsouveränität“ (November 2011)
    • 1.500 Flugstunden pro Jahr
    • Flottenverfügbarkeit (Klarstand-Planwert):
      • 33% täglich (5 Eurofighter)
    • 14 Piloten (+ 1 Pilot in Ausbildung)
    • Einsatzbereitschaft:
      • täglich 2 Eurofighter (+ 1 Eurofighter in Reserve)
      • alternativ Trainingsflugzeuge der Type Saab-105OE
    • Luftraumsicherungsoperationen: 3 x 1 Wochen pro Jahr (7 verfügbare Eurofighter)
    • Ausbildungsflugbetrieb:
      • 2 Trainings-Eurofighter + 3 Eurofighter für die Luftraumüberwachung
      • 5 Trainings-Eurofighter (bei ausschließlicher Luftraumüberwachung durch Trainingsflugzeuge der Type Saab-105OE)

Derzeit gibt es für die 15 Eurofighter lediglich 15 Militärpiloten. Jeder dieser Piloten muss, gemäß der Militärluftfahrt-Personalverordnung 2012 und einer im Mai 2010 erstellten „Eurofighter-Roadmap“, für die Grundbefähigung (d.h. lediglich Fähigkeitserhalt, keine Berechtigung zur Durchführung von Einsatzflügen) eine Mindestflugstundenzahl von 50 Flugstunden erbringen, von denen bis zu 20 auf dem Simulator angerechnet werden können. Die nächsten zwei Stufen sind die stark eingeschränkte Einsatzbefähigung mit 60 Flugstunden und die eingeschränkte Einsatzbefähigung mit 80 Flugstunden. Für eine volle Einsatzbereitschaft sind 110 Flugstunden erforderlich.

Alternativen zur Saab-105OE

In der Einschätzung der Möglichkeiten mit 18 Flugzeugen unterscheidet sich der aktuelle Bericht erheblich von den Plänen zur Ablöse des „Draken“:

Untersuchungsausschussprotokoll (1/GO) 13. Sitzung, 18.01.2007 – öffentlicher Teil (50/KOMM)

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (BZÖ): Herr General, war es geplant, wenn wirklich 30 Stück vom Eurofighter Typhoon angeschafft worden wären, die gesamte Flotte der Saab-105 außer Dienst zu stellen? War das jemals geplant?

Dr. Peter Corrieri: Sie meinen, dass man die Flotte der Saab-105 auflassen sollte? (Abg. Mag. Darmann: Genau!)

Wie das im Detail abläuft, weiß ich nicht, das ist eines der Wunder des Bundesministeriums für Landesverteidigung. Die Saab-105-Flotte wurde in meiner Erinnerung mindestens schon drei Mal außer Dienst gestellt – mit entsprechenden Weisungen hat er das aber immer überlebt –, weil halt die 105-er, obwohl dazu nicht geeignet, für alles Mögliche als Lückenbüßer haben herhalten müssen.

Untersuchungsausschussprotokoll (1/GO) 18. Sitzung, 12.02.2007 – öffentlicher Teil (55/KOMM)

Herbert Scheibner: […] Das auch vielleicht noch zu Ihrer Frage Stückzahlreduzierung nach dem Hochwasser. Ich bin immer von 18 und einer Option für sechs weitere ausgegangen, also Gesamtstückzahl bei 24 belassen.

Die 18 sind dann ausreichend, wenn die SAAB 105 durch ein anderes Flugzeug ersetzt wird. Also dass man für Ausbildungsflüge und für untergeordnete Aufgaben nicht auf den Abfangjäger zurückgreift, sondern auf ein anderes Flugzeug übergehen kann.

Diese Flexibilität hat man, dass man weitere Eurofighter in einer weiteren Tranche ankauft, um wirklich die gesamte Flotte zu ersetzen, so wie das ursprünglich geplant gewesen ist, oder ob man die SAAB 105 entsprechend weiter im Dienst belässt oder durch ein anderes Modell ersetzt. In Wahrheit war dann letztlich, sage ich einmal, rückblickend auch diese Reduzierung insofern interessant, als sie mehr Flexibilität für
künftige Regierungen gegeben hat. Aber eine weitere Reduktion kann ich mir nicht vorstellen, wie das begründbar ist.

Untersuchungsausschussprotokoll (1/GO) 43. Sitzung, 13.06.2007 – öffentlicher Teil (79/KOMM)

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (BZÖ): Eine kurze Frage noch, Herr Präsident: Jetzt bei der Abklärung der Alternativen für die Zukunft, wird auch davon geredet, unsere Flugoldtimer, die SAAB 105, auf ein digitales Cockpit umzurüsten, was natürlich immense Kosten mit sich bringen würde und wo natürlich auch wieder die Kosten-Nutzen-Frage gestellt werden muss. Hat sich der Rechnungshof damit schon in irgendeiner Art und Weise befasst?

Dr. Josef Moser: Nein, das haben wir nicht. Wir haben nur feststellen müssen, dass ursprünglich vorgesehen war, die SAAB 35 OE im Jahr 2005 auslaufen zu lassen. Und gleichzeitig war in dem Einsatzplan beziehungsweise Einsatzplanungen war vorgesehen, dass die 105 OE – also den Sie angesprochen haben – ausgemustert werden soll. Ich glaube vom Jahr 2008 bis zum Jahr 2010. Das ist also das, was uns bekannt ist. Inwieweit weitere Bemühungen, Intentionen da sind, kann ich nicht beurteilen, weil wir eben nur geprüft haben bis zum Abschluss des Kaufvertrages, dann die Gegengeschäfte geprüft haben, aber nicht weiter in dem Punkt diese Kriterien mituntersucht haben, die Sie gerade angesprochen haben.

Vor der Beschaffung eines Nachfolgemusters für den „Draken“ wurde mindestens seit 1992 eine umfangreiche Modifikation der Saab-105OE geplant. In einer Anfragebeantwortung des damaligen Bundesministers Dr. Werner Fasslabend vom 9. September 1992 heißt es:

Zu 2 und 3:

In meinem Ressort werden derzeit Überlegungen hinsichtlich einer allfälligen Revitalisierung der SAAB 105 OE angestellt. Eine Entscheidung für die eine oder andere Variante ist noch nicht spruchreif, sodaß Aussagen über diesbezügliche Kosten nicht möglich sind.

Nach der Stückzahlreduzierung auf 18 „Eurofighter“ im Jahr 2003 erlebten diese Pläne eine Renaissance:

728. Sitzung des Bundesrates am 1. Dezember 2005

Bundesrat Harald Reisenberger (SPÖ, Wien): Herr Minister! Eine kurze und einfache Frage:

1473/M-BR/2005

„Wie lange werden wie viele Flugzeuge des Typs „Saab 105 Ö“ zum Einsatz kom­men?“

 Präsident Peter Mitterer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Eine kurze und klare Antwort dazu: Es werden voraussichtlich 22 bis zum Jahr 2020 sein, weil das entsprechende Upgrading in der nächsten Zeit durchgeführt wird.

Erst im Oktober 2007 wurden alternative Planungen zu einem Mid-Life Upgrade der Saab-105OE verfügt. 2008 stellte der Rechnungshof bei einem Nachfrageverfahren fest, dass als erste planerische Vorgabe ein Motivenbericht für die Nachfolge der Trainingsflugzeuge Saab-105OE unter Berücksichtigung des Bedarfs im Rahmen der Luftraumüberwachung und der budgetären Rahmenbedingungen ausgearbeitet worden war.

Der Kauf oder das Leasing neuer Jettrainer konnte aber aufgrund der massiven Budgetkürzungen der folgenden Jahre nie umgesetzt werden und führte letztendlich zu einer durch die Fliegerwerft 2 des Bundesheeres umgesetzten Modifikation des Cockpits von 12 Saab-105OE. Außerdem konnte die Lebensdauer durch Strukturverbesserungen an der Zelle von 4500 auf 6000 Flugstunden erhöht werden.

Die Kommission des BMLVS stellt hinsichtlich der unterschiedlichen beurteilten Varianten fest:

Die Beschaffung einer alternativen Abfangjägerflotte (Variante 3 sowie Variante 6) stellt im Vergleich zur Referenzvariante den wirtschaftlichsten Einsatz von Steuergeldern dar. Sie gewährleistet die Verfügbarkeit einer neuwertigen Flotte mit einer Lebensdauer jenseits des Jahres 2040. Dies, obwohl ein allfälliger Verwertungserlös für die Eurofighter Typhoon Tranche 1-Flotte in den Lebenszykluskosten der beiden Varianten mit einer Alternativflotte nicht berücksichtigt ist.

Die Beschaffung einer alternativen Abfangjägerflotte (Variante 3 sowie Variante 6) führt zu einer rund dreijährigen Überlappung des Betriebs des alten und des neuen Systems.

Die Koppelung der Beschaffung einer alternativen Flotte mit der gleichzeitigen Beschaffung einer unbewaffneten Trainerflotte (Variante 3) ist mit erhöhten Lebenszykluskosten verbunden und erfordert die gleichzeitige Beschaffung und Einführung von zwei neuen Flotten.

Statt der Anschaffung neuer Jettrainer wird empfohlen entweder zusätzlich drei gebrauchte doppelsitzige „Eurofighter“ der Tranche 1 „in möglichst gleicher Konfiguration“ anzuschaffen oder auf einen neuen Flugzeugtyp mit 15 Einsitzern und 3 Doppelsitzern umzusteigen. Diese 18 Flugzeuge sollen an den zwei Standorten Zeltweg und Hörsching betrieben werden (Die Frage nach notwendigen Infrastrukturinvestitionen wird im Bericht nicht beantwortet.). Die Phasen 3 und 4 der Pilotenausbildung (Jetausbildung, Fortgeschrittenenschulung) sollen „bei einem leistungsfähigen europäischen Kooperationspartner“ zugekauft werden.

Abb. 25: Das aktuelle System der Jetpilotenausbildung bei den österreichischen Luftstreitkräften (TRIERWEILER Peter: Austrian Military Pilot Training. The New System. Abu Dhabi, 2014 02 27)

Parallel wird der mittelfristige Ersatz des Pilatus PC-7 „Turbo Trainer“ durch einen „High Efficiency Trainer“ für die allgemeine Ausbildungsphase 2 (Grundausbildung: Visual Flight Rules, Instrumented Flight Rules, 140 Stunden standardisierte Kunstflugmanöver; nach Ende der Phase 2 fällt die Entscheidung durch ein Komitee, ob der Pilot künftig Jets, Transportflugzeuge oder Helikopter fliegen soll) und die Phase 3 (Phase 3a: Taktische Ausbildung in Kunstflug, Formations- und Tiefflug, Luftraumüberwachung und Abfangmanövern sowie Luft-Luft- bzw. Luft-Boden-Schießen; Phase 3b: Jetausbildung) der Abfangjägerpilotenausbildung als notwendig erachtet. Die Kommission empfiehlt außerdem die Modernisierung der vorhandenen Simulationssysteme zum Erhalt des Ausbildungsstands einer „ausreichenden Anzahl an Einsatzpilotinnen und Einsatzpiloten“.

Aus diesen Überlegungen heraus wird weiterhin ein Schadenersatz von der Eurofighter Jagdflugzeug GmbH gefordert. Außerdem könnten die bestehenden 15 Eurofighter „anderweitig verwertet“ werden. Diese Entscheidung wird im Rahmen der Ministerverantwortung getroffen.

Der Umstellungsprozess auf ein neues Muster wird mit 3 Jahren veranschlagt. Zum jetzigen Zeitpunkt soll noch keine Richtung für eine bestimmte Type vorgegeben werden – es kommt grundsätzlich jedes Flugzeug in Frage, das die oben genannten Anforderungen erfüllt. Auf einen Jettrainer zu setzen, wäre „untypisch“ gewesen.