Mehr als vier Monate nach Veröffentlichung des Jahresberichts 2016 der Parlamentarischen Bundesheerkommission liegt nun die Stellungnahme des Bundesministers vor.  Demnach werden bei den medial am häufigsten aufgegriffenen Themen, also unangebrachten Ausdrucksweisen und Schikanen, meist Disziplinarstrafen verhängt. Außerdem erfolgten Belehrungen anhand der am 13. Juli 2016 verfügten Verhaltensnormen für Soldatinnen und Soldaten. In diesen Verhaltensnormen steht u.a.:

3. Umgangston und gegenseitiges Verhalten

Im Sinne eines guten Betriebsklimas haben alle ihren Umgangston und die sonstige Art der dienstlichen Kommunikation auf nachfolgende Gebote auszurichten:

  • Achtung und Respekt vor der Würde des Menschen;
  • Höflichkeit und Korrektheit in den Umgangsformen und der Ausdrucksweise.

Zur Reform des Wehrdienstes hält das Ministerium fest, dass bis dato von den 180 im Jahr 2013 beschlossenen Maßnahmen mittlerweile 157 Punkte bzw. 87 % umgesetzt worden sind. Die verbliebenen 23 Maßnahmen sollen noch 2017 bzw. 2018 in Angriff genommen werden.

Personalmangel im Bundesheer

Die Kommission stellte anlässlich eines Prüfbesuchs bei der 4. Panzergrenadierbrigade am 30. März 2016 fest, dass es einen Mangel an jungem Kaderpersonal gebe und das Einstiegsgehalt für junge Berufssoldaten im Vergleich zur Polizei zu niedrig sei. Dieses Problem hat der Generalstab im Februar 2016 in seinem Bericht an den Nationalrat exemplarisch aufgezeigt:

Abb. 1: IST- und SOLL-Bestand eines exemplarischen Stabsbataillons (ORANGE: Ist < 80% und ≥ 65% des Soll; ROT: Ist < 65 % des Soll).

Abb. 2: IST- und SOLL-Bestand eines exemplarischen Pionierbataillons.

Abb. 3: IST- und SOLL-Bestand eines exemplarischen Panzergrenadierbataillons.

Die Unterschiede bei den Jägerbataillonen erklären sich u.a. dadurch, dass es sich um Verbände mit unterschiedlicher Spezialisierung handelt (Dabei verfügt, nach den Sparpaketen der letzten 15 Jahre, jeweils nur mehr eine von drei Jägerkompanien über die komplette Materialausstattung. Aufscheinende Mehrbestände sind jeweils in Bezug zum bereits reduzierten Material-Organisationsplan zu sehen.):

Abb. 4: IST- und SOLL-Bestand eines exemplarischen Jägerbataillons

Abb. 5: IST- und SOLL-Bestand eines exemplarischen Jägerbataillons

Abb. 6: IST- und SOLL-Bestand eines exemplarischen Jägerbataillons

Abb. 7: SOLL- und IST-Bestand eines exemplarischen Jägerbataillons

Diese Datenblätter bilden einen repräsentativen Querschnitt der kleinen Verbände ab, wobei die angeführten Realdaten aus Sicherheitsgründen anonymisiert wurden. Sie zeigen die Probleme im Bereich des Personals vor allem bei den MBUO2 – Funktionen (Gruppenkommandanten) inkl. der Problemfelder Gerät mit Schwergewicht in den Bereichen Nachtsicht, Funkausstattung, (geschützte) Mobilität als auch Spezialausrüstung (ABC, Nachschub und Transport) auf.

Unterschiedliche SOLL-Werte bei nominell gleichen Verbänden (Jägerbataillone) beruhen vor allem auf deren unterschiedlicher Ausprägung.

Das BMLVS reagiert darauf mit der sogenannten „UO-Initiative“ („Unteroffiziers-Initiative“), durch die der Besetzungsgrad mit Unteroffizieren bei allen Truppenteilen bis 2025 auf 80 % angehoben werden soll:

Darin sind unter anderem enthalten:

  • Erhöhung der Personalstandziele
  • Sicherstellung der Planstellen
  • Einführung der Rekrutierungsprämie
  • Verbesserung der Einkommenssituation von Jungkader (in Bearbeitung)
  • Mitgestaltung der Imagekampagne (Kommunikationsoffensive)
  • Erleichterung des Einstieges mit Orientierung auf Entwicklung statt Vorauswahl (insb. im Bereich der körperlichen Leistungsfähigkeit)
  • Einwirken auf die Ausgestaltung und die Mengengerüste der Kaderanwärterausbildung NEU

Im Zuge der Dienstrechtsnovelle 2016 wird durch den Entfall der Verwendungsgruppen MBUO 2 und MZUO 2 eine Gehaltserhöhung für in das Bundesheer eintretende Unteroffiziere erreicht. Diese beginnen ihre Laufbahn nun in der höher dotierten Verwendungsgruppe UO-1.

Ausstattungsmängel

In Reaktion auf die Kritik im Bereich der technischen Ausstattung der geprüften Verbände, insbesondere der Fahrzeugausstattung, entgegnet das BMLVS, dass Kugelschutzwesten lediglich für Auslandseinsätze ausgegeben werden. Der Bestand an gehärteten Fahrzeugen stelle sich im Bereich der von der Kommission geprüften Organisationseinheiten bzw. im gesamten Bundesheer folgendermaßen dar:

Abb. 8: Bestand der gehärteten Fahrzeuge im Bundesheer (Stand: 10. August 2017; Quelle: Stellungnahme zum Jahresbericht 2016 der Parlamentarischen Bundesheerkommission für Beschwerdewesen)

Bei den im Zulauf begriffenen Fahrzeugen handelt es sich um 6 gebrauchte Radpanzer „Pandur“ aus Belgien, 18 Allschutztransportfahrzeuge „Dingo 2“ und 22 Geschützte Mehrzweckfahrzeuge Iveco LMV mit Beobachtungs- und Aufklärungsausstattung. Weitere gepanzerte Fahrzeuge, die 2017 bestellt wurden, wie 40 zusätzliche ATF „Dingo 2“ und 34 PANDUR EVO scheinen in dieser Aufstellung noch nicht auf.

Infrastruktur

Hinsichtlich der sanierungsbedürftigen Standorte Rohrkaserne und Henselkaserne in Villach und dem Vorschlag eines Kasernenneubaus zur Zentralisierung der bestehenden drei Villacher Standorte verweist das BMLVS lediglich darauf, dass man derzeit versuche „bis zur Gesamtentscheidung über die Garnison VILLACH vorübergehende Lösungen zu finden, die zur unmittelbaren Entspannung der prekären Situation beitragen“.

Das Projekt „Verlegung Stellungskommission MilKdo OÖ vom AG GARNISONSTRASSE auf den FlH VOGLER“ befinde sich in der Planungsphase. Die Umsetzung ist für das Jahr 2018 geplant. Für Unterkünfte von Kaderpräsenzeinheiten laufe derzeit eine bundesweite Erhebung, die zu einer Erweiterung bzw. Neuerrichtung von Unterkünften führen soll. Die Neuaufstellung des Jägerbataillon 15 werde vorläufig eine Kompanie umfassen, wobei die Infrastruktur der TILLY-Kaserne in Freistadt genutzt werde. In der Haspinger-Kaserne sollten noch im ersten Halbjahr 2017 „infrastrukturelle Voraussetzungen“ für die neuen Gefechtsfahrzeuge BAE Systems Hägglunds BvS10 MkIIB geschaffen werden.

Die Immobilien des ÖBH bilden im Bericht auch ein gesondertes Kapitel. Laut dem Ministerium habe die „Konzentration der ministeriellen Kompetenz im Bereich Infrastruktur“ zu einer Beschleunigung der Umsetzung von Projekten geführt. Entgegen den Informationen aus dem Kommissionsbericht war das MIMZ immer schon eine nachgeordnete Dienststelle des BMLVS und bleibe fachvorgesetzte Dienststelle der künftig in die Militärkommanden eingegliederten Militärischen Servicezentren.

Außerdem gebe es Bestrebungen, standardisierte Kasernenbauten zu entwickeln:

Die Entwicklung von Normbauten ist ein Gebot der Stunde (Beschleunigung, Minimierung des Kostenrisikos, etc.) und wird deshalb forciert. Erste Systembauten sollen ab 2018 entstehen.

Ein ähnliches Vorhaben gab Ende der 1970er-Jahre, als in Zusammenarbeit zwischen dem Bundesministerium für Landesverteidigung und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten die sogenannte „Soldatenstadt“ konzipiert wurde. Verantwortlich war das Architekturbüro Pontiller-Swienty von Mag. arch. Peter Pontiller und Dipl.-Ing. Peter Swienty. Charakteristisch sind die Kreuzbauten.

Abb. 9: Bau der Landwehr-Kaserne in St. Michael (Foto: Bundesheer)

Komplette Kasernen nach diesem Muster entstanden aber nur an drei Standorten: St. Michael (Landwehr-Kaserne), Amstetten (Ostarrichi-Kaserne) und Kirchdorf an der Krems (Kremstal-Kaserne). In abgeänderter Form existieren „Soldatenstädte“ in Innsbruck-Kranebitten (Standschützen-Kaserne) und Bludesch (Walgau-Kaserne).

Mängel in der Kommandostruktur

Das BMLVS sieht bei den zersplitterten Zuständigkeiten für Truppe, Betreuungseinrichtungen, Truppenambulanzen, Werkstätten und bauliche Maßnahmen keinen Verbesserungsbedarf. Eine Unterstellung des Militärischen Servicezentrums 2 – Innsbruck unter das Truppenübungsplatzkommando Hochfilzen würde eine „nicht systemkonforme Sonderlösung“ darstellen. Hingegen werde eine Zentralisierung des Facility Managements im Rahmen des Projekts „ÖBH neu“ umgesetzt. Dabei werde der operative Teil der Bauorganisation bei den Militärkommanden eingegliedert und weiterhin verminderte Instandsetzungszüge bei den Bataillonen beibehalten.