Das deutsche BMVg hat am 16. April 2016 bekanntgegeben, dass das BMLVS beim Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung (BAAInBW), der Beschaffungsbehörde der Bundeswehr, insgesamt 18 Allschutztransportfahrzeuge „Dingo 2“ in Auftrag gegeben hat [Lieferung von 18 EA geschützten Fahrzeugen Typ Dingo 2 für die Republik Österreich“]. Der Gesamtauftragswert beläuft sich auf 20 015 792,86 EUR.

Die Direktvergabe wird mit technischen Gründen und dem Schutz von Ausschließlichkeitsrechten begründet. Der Auftrag wurde am 12. Februar 2016 erteilt, Zuschlagskriterium war der niedrigste Preis. Das BMLVS nutzte hier eine Ausnahmeregelung der EU-Richtlinie 2009/81/EG (Unter normalen Umständen, müssten laut Art. 8 Richtlinie 2009/81/EG Liefer- und Dienstleistungsaufträge im Oberschwellenbereich, d.h. mit einem geschätzten Wert von mindestens 412 000 EUR ohne Mehrwertsteuer, ausgeschrieben werden.):

Artikel 13

Besondere Ausnahmen

Diese Richtlinie findet in folgenden Fällen keine Anwendung:

[…]

f) Aufträge, die eine Regierung an eine andere Regierung vergibt und die Folgendes betreffen:

i) die Lieferung von Militärausrüstung oder sensibler Ausrüstung

ii) in unmittelbarem Zusammenhang mit dieser Ausrüstung stehende Bau- und Dienstleistungen oder

iii) Bau- und Dienstleistungen speziell für militärische Zwecke oder sensible Bauleistungen und sensible Dienstleistungen

Der Auftrag setzt sich aus 14 Fahrzeugen zum Mannschaftstransport und 4 Instandsetzungsfahrzeugen (DINGO 2 C1 GSI) zusammen. Der Werkstattaufbau des DINGO 2 C1 GSI stammt vom Tiroler Fahrzeughersteller EMPL und befindet sich seit dem Jahr 2010 mit einer Stückzahl von insgesamt 48 Fahrzeugen bei der Instandsetzungstruppe der Bundeswehr in der Nutzung.

Abb. 2: Dingo 2 C1 GSI

Abb. 1: Dingo 2 C1 GSI (EMPL Fahrzeugwerk)

 

Abb. 3: DINGO 2 C1 GSI

Abb. 2: DINGO 2 C1 GSI (EMPL Fahrzeugwerk)

Mit den bestellten Allschutztransportfahrzeugen soll ab dem Jahr 2017 ein Jägerbataillon des Bundesheeres ausgestattet werden. Die Pressemappe zum Strukturpaket ÖBH 2018 legt nahe, dass es sich dabei um das künftige Jägerbataillon 33 in Zwölfaxing handeln wird:

Das Panzerbataillon 33 wird in ein mit geschützten Räderfahrzeugen ausgestattetes Jägerbataillon umgewandelt und bleibt somit am Standort Zwölfaxing erhalten.

Sie werden mit einer in Österreich hergestellten Waffenstation ausgerüstet, mit der u.a. bereits die Geschützten Mehrzweckfahrzeuge Iveco LMV und die Mannschaftstransportpanzer Pandur A2 versehen sind. Für die im Bestand befindlichen Fahrzeuge (20 ATF „Dingo 2“ und 12 ATF „Dingo 2 AC“), die noch mit einer mechanischen Waffenstation von Krauss-Maffei-Wegmann ausgeliefert worden sind, ist ein Nachrüstungsprogramm genehmigt.

Bisherige Nutzung des ATF „Dingo 2“ im Österreichischen Bundesheer

Die ersten Allschutztransportfahrzeuge des Typs „Dingo 2“ in der Variante zum Mannschaftstransport (ausgestattet mit einem Rüstsatz „geschütztes Transportfahrzeug für 8 Soldaten“) wurden 2004 bestellt. Der Bericht der Bundesheerreformkommission vom 12. Juni 2004 gab keine Empfehlungen zur Fahrzeugausstattung des ÖBH:

Die Materialstruktur des Bundesheeres 2010 hat im Sinne der geforderten Zusammenarbeitsfähigkeit im multinationalen Rahmen dem internationalen Maßstab zu entsprechen. Dies bedingt gemäß der noch zu entscheidenden Zielstruktur sowohl eine Modernisierung vorhandener als auch die Beschaffung neuer Bewaffnung und Ausrüstung für alle Soldaten und Soldatinnen der Einsatzorganisation, vor allem auch zum persönlichen Schutz im Einsatz.

Alle laufenden und geplanten Investitionen wären auf ihre Notwendigkeit und Berechtigung im Zusammenhang mit der Umsetzung der Ergebnisse der Bundesheerreformkommission zu prüfen.

Erst der Bericht ÖBH 2010. Die Realisierung vom 7. Juni 2005 erklärte die Notwendigkeit von Allschutztransportfahrzeugen. Wohlgemerkt, acht Monate nachdem bereits die erste Bestellung getätigt worden war und drei Wochen nach der offiziellen Übergabe der ersten Fahrzeuge an das Bundesheer:

3.3 Die künftigen Fähigkeiten des Österreichischen Bundesheeres

[…]

Aufgrund der geänderten Anforderungen sind im Bereich der Landstreitkräfte bestimmte Fähigkeiten zu verringern – im internationalen Kontext immer wichtiger werdende Kapazitäten hingegen zu verstärken. Dies verlangt eine Modernisierung der Ausbildung und der Ausrüstung, insbesondere im Bereich der Führung und Führungsunterstützung (Truppenfunk, Führungsinformations- und rechnergestützte Waffeneinsatzsysteme, …), der Aufklärung (Radar, Drohnen, …), der Logistik (Containerisierung, moderne Transport- und Umschlagsysteme, …), des Individualschutzes (Mannesausrüstung, Soldat 2010, …) und der geschützten Beweglichkeit. Die letztgenannte Fähigkeit erfordert vorrangig und unmittelbar die Beschaffung von Allschutztransportfahrzeugen. Einsätze im oberen Spektrum können weitgehend durch die derzeit eingeführten Kampf- und Gefechtsfahrzeuge abgedeckt werden – zur Erhöhung des Handlungsspielraumes und zur Abdeckung sämtlicher Fähigkeitserfordernisse erscheint die zusätzliche Beschaffung von Radpanzern in weiterer Folge zweckmäßig.

Der Liefervertrag im Umfang von 23,6 Mio. EUR wurde schon am 30. September 2004 zwischen dem BMLV und der Herstellerfirma Krauss-Maffei-Wegmann (KMW) in Wien unterzeichnet. Die Übergabe, die ursprünglich noch im Dezember 2004 geplant war, verzögerte sich um mehrere Monate und kam am 9. Mai 2005 zustande:

Abb. 1: Übergabe des ersten ATF "Dingo 2" im Zentrum Einsatzvorbereitung in Götzendorf.

Abb. 3: Übergabe des ersten ATF „Dingo 2“ im Zentrum Einsatzvorbereitung in Götzendorf (Foto: Bundesheer)

Die ABC-Abwehrtruppe erhielt als Erstkunde spezielle Varianten des „Dingo 2“: Für ca. 32 Mio. EUR wurden im Jahr 2005 12 AC-Aufklärungsfahrzeuge und 3 Notfallfahrzeuge angekauft.

Der Bericht des Rechnungshofes Ausgewählte Beschaffungsvorgänge im BMLVS vom 13. Januar 2011 gibt Auskunft über die weiteren Pläne des Verteidigungsministeriums zur Ausstattung mit Allschutztransportfahrzeugen:

Im Rahmen der Auslandseinsätze wiesen die verwendeten Puch G keinen ballistischen Schutz und Minenschutz auf [Das BMLVS wies darauf hin, dass das bisherige provisorische „Härten“ von Fahrzeugen den Bedrohungen nicht genüge tat.]. Um die Beweglichkeit der Truppe unter entsprechenden Schutzvorkehrungen sicherzustellen, sollten aus Sicht des BMLVS gepanzerte Schutzfahrzeuge mit einer Transportkapazität von sechs bis acht Personen (Allschutztransportfahrzeuge) und drei bis fünf Personen (geschützte Mehrzweckfahrzeuge) beschafft werden.

 

Das BMLVS plante mehrere Rüstungsvorhaben, um den Schutz und die Beweglichkeit der Truppe gemäß internationalem Standard im Auslandseinsatz sicherzustellen [Geplant war u.a. die Beschaffung von gelände– und wegegängigen Lastkraftwagen mit Wechselaufbauten und Hackenladesystemen, geschützten Allschutztransportfahrzeugen, geschützten Mehrzweckfahrzeugen sowie Radpanzern.]. Die gemeinsame Beschaffung von gepanzerten Schutzfahrzeugen (Allschutztransportfahrzeuge und geschützte Mehrzweckfahrzeuge) hatte dabei nach der Eurofighterbeschaffung allerhöchste Priorität.

Das BMLVS legte im Jahr 2005 den Gesamtbedarf an Schutzfahrzeugen mit 1.142 Stück fest; in weiterer Folge plante das BMLVS die Beschaffung von insgesamt 748 Schutzfahrzeugen (um rd. 536 Mill. EUR). Aus budgetären Gründen sollten in einer ersten Tranche 295 Schutzfahrzeuge (150 geschützte Mehrzweckfahrzeuge und 145 Allschutztransportfahrzeuge) beschafft werden. Das BMLVS plante, zwei Jägerbataillone sowie zwei Aufklärungskompanien für den Auslandseinsatz auszustatten.

Das Einverständnis des Bundesministeriums für Finanzen zur Finanzierung der 295 gepanzerten Fahrzeuge erfolgte erst im Dezember 2007, allerdings „nur im Ausmaß zur Verfügung stehender Budgetmittel“. Als Querschnittsgerät war sowohl für die geschützten Mehrzweckfahrzeuge, als auch für die Allschutzfahrzeuge der Kauf von fernbedienbaren Waffenstationen geplant. Der Auftrag wurde am 4. September 2008 von der Bewertungskommission vergeben, der Vertrag kam im Mai 2009 zustande. Zum damaligen Zeitpunkt war der Auftrag für die 145 Allschutztransportfahrzeuge und 75 Optionen bereits aus budgetären Gründen abgebrochen worden. Seither wurden keine Neuanschaffungen im Bereich gepanzerter Fahrzeuge mehr durchgeführt. Erst im Herbst 2013 kam es erneut zum Kauf von zusätzlichen sechs Notfallfahrzeugen für die ABC-Abwehrtruppe.