Das Projektteam Zechner & Zechner und ILF hat im Juni 2016 den Architekturwettbewerb zur Herstellung eines Bürogebäudes durch Überbauung des Mittelhofes im AG Roßau [1] für sich entscheiden können:

Abb. 1: Bürogebäude Amtsgebäude Rossau (Zechner & Zechner/ILF)

Abb. 1: Bürogebäude Amtsgebäude Rossau (Zechner & Zechner/ILF)

Im August folgte die Vergabe eines Auftrags zur Errichtung von zwei Bürogebäuden in der Heckenast-Burian-Kaserne [2]. Dabei soll das Objekt 015 generalsaniert und das Objekt 016 abgebrochen und durch einen Neubau ersetzt werden.

Abb. 2: Bürogebäude im Kommandogebäude Heckenast-Burian (Pittino & Ortner)

Abb. 2: Bürogebäude im Kommandogebäude Heckenast-Burian (Pittino & Ortner)

Die Projekte sollen durch den Verkauf des Amtsgebäudes Vorgartenstraße und des Amtsgebäudes Franz-Josephs-Kai finanziert werden [3].

Die „Raumordnung Wien“

Diese Projekte sind Teil der sogenannten „Raumordnung Wien“, einem seit vielen Jahren im BMLV überlegten Vorhaben. Erste Anzeichen dafür gibt es schon Ende der 1980er-Jahre, als in einer Anfragebeantwortung des damaligen Wirtschaftsministers Robert Graf die Erstellung eines Raum- und Funktionsprogramms durch das Bundesministerium für Landesverteidigung unter Robert Lichal für „die 1989 freiwerdenden Teile der Roßauer Kaserne“ erwähnt wurde. Wirtschaftsminister Schüssel erläuterte das angedachte Konzept am 13. Dezember 1989 wie folgt:

Bundesminister Dr. Schüssel: Herr Abgeordneter, die Roßauer Kaserne, die sie bestens kennen, ist ein Bundesgebäude, in dem derzeit Verwaltungsdienststellen des Bundes untergebracht sind. Ein Teil dieser Verwaltungsstellen ist bereits ausgesiedelt in das neue Polizeigebäude am Liechtenwerder Platz. Wir haben uns daher bemüht, einen Interessenausgleich zwischen den verschiedenen Nutzungswünschen des Bundes und den architektonischen und städteplanerischen Wünschen der Stadt Wien und des Bezirks zu finden. Ich glaube, es ist mir ein solcher Komprorniß gelungen, er wird wie folgt aussehen:

Die Interessen der Universität Wien werden anderwärtig, auf dem Gelände des alten AKH und auf dem Gelände der Sensengasse, erfüllt werden. Sie bekommt dort mehr Platz. als sie innerhalb der Roßauer Kaserne je bekommen hätte. Ich habe es übrigens nie ganz verstanden, warum es sinnvoll sein soll, Studenten zwischen die Alarmabteilung der Wiener Polizei und die Dienststellen des Bundesheeres hineinzuquetschen. Das sei nur am Rande gesagt.

Damit bleibt die Roßauer Kaserne offen für andere Nutzungen. Ein Hof bleibt der Wiener Polizei für die Alarmabteilung. für das Verkehrsamt und für das Paßamt, also für Behördenverkehr, ein Hof wird den zentralen Dienststellen des Landesverteidigungsministeriums zur Verfügung stehen, und der mittlere Hof soll aller Voraussicht nach den Wünschen der Stadt und des Bezirks entsprechend und auch genau meinen Intentionen folgend geöffnet werden und kann für gemischte Nutzungen angeboten werden, für Shopping-Arkaden, für Büroräumlichkeiten, für Grün, für Spiele, für Kulturmöglichkeiten – alles ist denkbar. Das ist ein Riesenareal. Der mittlere Hof hat immerhin die Größe von zwei nebeneinanderliegenden Fußballplätzen.

Jetzt wird die Gutachterkommission die zweite Stufe des Wettbewerbs, da wir hier einen Konsens gefunden haben, starten.

Dieses Vorhaben konnte aus Platzmangel bis heute nicht verwirklicht werden.

Noch waren allerdings mehrere Abteilungen der Polizei in dem Gebäude untergebracht, doch diese sollten in das neu errichtete Haus in der Spittelau übersiedeln. Schon bald wurde klar, daß dieses neue Gebäude nicht den Anforderungen der Dienststellen entsprach und die noch nicht übersiedelten Abteilungen der Polizei entschlossen sich dazu, in der Kaserne zu verbleiben. Man kam überein, daß Polizei und Landesverteidigung das Gebäude zu gleichen Teilen nutzen würden. Der gesamte Nordhof mit den angrenzenden Trakten verblieb der Landesverteidigung, ebenso wie der im Mittelhof und gegen die Maria-Theresienstraße gelegene Trakt 7 […]. Die restliche Gebäudehälfte blieb der Polizei zur Nutzung überlassen.

PFLEGER Martina: Die Rossauerkaserne – Vom Verteidigungskonzept der Ringstraße bis zur Gegenwart (Wien 1998), Online verfügbar unter: http://www.bundesheer.at/cms/artikel.php?ID=1648, p. 14 (Abgerufen am 4. Juli 2016, 20:24)

Der Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes für das Verwaltungsjahr 1994 spricht erstmals von einer „räumlichen Zusammenführung der Zentralstelle in der Roßauer-Kaserne“:

Nicht bzw nicht gänzlich verwirklicht wurden die Empfehlungen des RH hinsichtlich:

(1) Maßnahmen zur Senkung des Aufwandes für Personal und gesetzliche Verpflichtungen in der Zentralstelle (TB 1982 Abs 48.1, TB 1987 Abs 39), bei höheren Kommanden bzw Heeresämtern (TB 1975 Abs 36.6, TB 1977 Abs 43, TB 1981 Abs 46) und bei der Verwendung von Heeresfahrzeugen als zusätzliche Dienstkraftfahrzeuge für die Zentralstelle (TB 1977 Abs 42.22, TB 1979 Abs 50.4, TB 1980 Abs 39.2 und SB Ermessensausgaben 1984 Abs 19.3.1).

Laut Mitteilung des BMLV seien über die bereits erfolgten erheblichen Einschränkungen des Personaleinsatzes im Zuge der Heeresreform und der neuen Geschäftseinteilung der Zentralstelle hinaus derzeit keine weiteren personellen Einsparungen zu erzielen. Bei den nachgeordneten Dienststellen und Heeresämtern seien rd 200 von insgesamt 1 800 Planstellen eingespart worden. Überdies wurde bereits 1994 verfügt, die Anzahl der in der Zentralstelle und den nachgeordneten Dienststellen verwendeten Grundwehrdiener um mehr als 40 % zu vermindern. Die Verwendung von Heeresfahrzeugen sei dem geänderten Bedarf angepaßt worden. Weitere wesentliche Einschränkungen seien erst mit der räumlichen Zusammenführung der Zentralstelle in der Roßauer-Kaserne zu erwarten.

Der Situationsbericht 1996, die Grundlage der Strukturanpassung der Heeresgliederung 95 (HG STRAN), stellte fest:

Die Zusammenführung von auf verschiedene Amtsgebäude (AG) verteilte Dienststellen in das AG Roßau ist in Angriff genommen und in Teilen bereits realisiert.

Dadurch hätten das Bundesamtsgebäude 3, das Bundesamtsgebäude Franz-Josefs-Kai und das Bürogebäude Straussengasse aufgelassen werden sollen [3]. Beim Bundesamtsgebäude 3 handelt es sich um den heutigen Sitz des Rechnungshofs in der Dampfschiffstraße, der ab dem 15. Dezember 1974 errichtet worden ist [4]. Im westlichen Block waren Dienststellen des BMLV (u.a. der Presse- und Informationsdienst) untergebracht.

Abb. 4: Bundesamtsgebäude 3 (Foto: Bundesheer)

Abb. 4: Bundesamtsgebäude 3 (Foto: Bundesheer)

Das Amtsgebäude Franz-Josefs-Kai wird noch heute vom BMLVS genutzt und beherbergt das Amt für Rüstung und Beschaffung.

Abb. 4: Amtsgebäude Franz-Josefs-Kai (Foto: Bundesheer)

Abb. 4: Amtsgebäude Franz-Josefs-Kai (Foto: Bundesheer)

Das Bürogebäude Straussengasse (Straussengasse 11) ist Unterbringungsort für die Zentrale technische Produktdokumentation (ZTPD), heute ein Teil des Amts für Rüstung und Wehrtechnik. Seine Schließung war zuletzt im Rahmen von ÖBH 2010 (avisierter Verkauf: 2013/2014) bzw. des Sparpakets ÖBH 2018 [5] geplant.

2002 wurde die Übertragung der Rossauer Kaserne vom BMWA an das BMLV durch ein Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen fixiert. Im Gegenzug wurde die Wilhelm-Kaserne (1024 WIEN, Vorgartenstraße 223), der damalige Sitz der ABC-Abwehrschule (heute in der Dabsch-Kaserne in Korneuburg disloziert), eingetauscht.

Im Zuge einer Immobilientransaktion zwischen den Bundesministerien für Landesverteidigung sowie für Wirtschaft und Arbeit und der Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H. (BIG) soll das im Eigentum des Bundes verbliebene, vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit verwaltete Amtsgebäude Rossau („Rossauerkaserne“), EZ 843, Grundbuch 01002 Alsergrund, in die Verwaltung des Bundesministeriums für Landesverteidigung übertragen werden. Die BIG besitzt an der Liegenschaft „Rossauerkaserne“ das Fruchtgenussrecht und hat in deren Generalsanierung erhebliche Investitionen getätigt.

Die Abgeltung der diesbezüglichen Forderungen der BIG gegenüber dem Bundesministerium für Landesverteidigung soll durch Veräußerung der Wilhelmskaserne an die BIG erfolgen, wobei der die Forderung der BIG übersteigende Teil des Verkauferlöses dem Bundesministerium für Landesverteidigung zufließen soll.

 

Abb. 5: Wilhelm-Kaserne (Foto: Bundesheer)

Abb. 5: Wilhelm-Kaserne (Foto: Bundesheer)

 

Abb. 5: Amtsgebäude Rossau (Foto: Bundesheer)

Abb. 6: Amtsgebäude Rossau (Foto: Bundesheer)

Durch eine konstituierende Sitzung der Projektorganisation am 9. März 2001 begann im BMLV die „REORG 2002“, eine Umgliederung der Zentralstelle [Vgl.: Bundesministerium für Landesverteidigung (Hrsg.): Weissbuch 2004. Analyse – Bilanz – Perspektiven (Wien 2004), p. 111].

Im Zuge der Umsetzung der Reorganisation wurden die Projektunterstützungsgruppen „Raumordnung Wien“ und „Organisation“ gebildet […].

Das „Amtsgebäude PVA“ und die Entwicklung bis 2016

Als die Bundesregierung Schüssel im Jahr 2003 in ihrem Regierungsprogramm die Einsetzung einer Reformkommission für das Bundesheer beschloss, kam es in diesem Rahmen erneut zu Überlegungen hinsichtlich einer Neuaufstellung der Amtsgebäude des BMLV in Wien. Dabei wurde, neben dem Endbericht der Kommission, auch ein darauf aufbauender Realisierungsbericht erstellt. Dieser sah vor, einen Teil der Wiener Liegenschaften des BMLV in einem Gebäude der Pensionsversicherungsanstalt zusammenzulegen. Letztlich sollten die Zentralstelle und ihre nachgeordneten Ämter nur noch in diesem sogenannten Amtsgebäude „PVA“, dem Amtsgebäude Franz Josefs Kai, dem Amtsgebäude Rossau (Zentralstelle, Heeresbau- und Vermessungsamt, Heeresbaudirektion), dem Amtsgebäude Schwenkgasse (Heeresmaterialamt; Kommando Einsatzunterstützung), dem Amtsgebäude Stiftgasse (Direktion für Sicherheitspolitik, Landesverteidigungsakademie, Heeresdatenverarbeitungsamt; Heeresbild- und Filmstelle; Österreichische Militärbibliothek), dem Kommandogebäude General Körner (HNaA) und den Werkstätten und Garagen Kendlerstraße (HNaA), untergebracht werden. Das AG Modecenterstraße (MatStbL; ein zweiter Standort des MatStbL ist das BAG Schnirchgasse), das AG Hetzgasse (AbwA), das AG Leopoldgasse, das AG Straußengasse und das AG Simmering sollten in andere Amtsgebäude verlegt werden, das AG Vorgartenstraße (ARWT, Ergänzungsabteilung) und das KdoGeb FM Radetzky (MilKdo Wien; Heeresgebührenamt) in das Amtsgebäude PVA übersiedeln.

Dabei handelte es sich um das Gebäude Roßauer Lände 3 (heute: Oskar-Morgenstern-Platz 1) mit ca. 4.700 m² Grundstücksfläche und 18.500 m² Gebäudefläche [6], unmittelbar gegenüber des Ministeriums gelegen. Dieser ab 1955 errichtete Bau wurde aber um 29,7 Mio. EUR an die Raiffeisen Holding NÖ-Wien (Rossauer Lände 3 Immobilienprojektentwicklung GmbH) verkauft und 2007 von der Universität Wien für die Fakultäten Mathematik und Wirtschaftswissenschaften angemietet.

Abb. 5.: Universität Wien am Oskar-Morgenstern-Platz 1 (BMLV-interne Projektbezeichnung "Amtsgebäude PVA")

Abb. 5.: Universität Wien am Oskar-Morgenstern-Platz 1 (Universität Wien)

Zuletzt versuchte man 2010 die „Raumordnung Wien“ durch den Ankauf bzw. die Anmietung eines ehemaligen Gebäudes der Firma Siemens in Wien-Favoriten umzusetzen. Auch dieses Projekt ist im Sand verlaufen. 2013 leitete das Ressort Neubauten bzw. Generalsanierungen im Amtsgebäude Rossau, Amtsgebäude Stiftgasse, Kommandogebäude Heckenast-Burian und in der Maria-Theresien-Kaserne ein [Vgl.: Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport (Hrsg.): Weissbuch 2012 (Wien 2013), p. 55]. Im am 23. Dezember 2014 von der Bundesregierung beschlossenen Strukturpaket 2018 (ÖBH 2018) wurde diese Absicht bekräftigt:

Darüber hinaus wird die Raumordnung in Wien neu geregelt.

In der Pressemappe präsentierte das BMLVS weitere Details:

Die notwendigen Einsparungen werden auch durch Reduktion der betriebenen Standorte sowie durch Teilflächenverkäufe erreicht. Dies bedingt in weiterer Folge die Auflösung von fünf militärischen Liegenschaften. Die durch Liegenschaftsauflösung betroffenen Organisationselemente sind zu verlegen und durch Konzentration an anderen Standorten bzw. nach Errichtung der erforderlichen Ersatzbauten in Wien (nationale Wertschöpfung) zu integrieren.

Auf Basis dieser dringend notwendigen Umstrukturierungsmaßnahmen ist die Einstellung der militärischen Nutzung des Amtsgebäudes (AG) Franz Josefs Kai, des AG Vorgartenstrasse, des AG Straussengasse, des Bundesamtsgebäudes Hetzgasse und der Starhemberg-Kaserne notwendig. Die Liegenschaften werden zum Verkauf freigegeben.

Darüber hinaus sind in den Liegenschaften der Biedermann-Huth-Raschke-Kaserne sowie der Van Swieten-Kaserne Teilflächenverkäufe vorgesehen.

Status

Ob diese Neubauvorhaben vom Stand des 2. Januar 2017 realisiert werden, ist fraglich. Die Umstrukturierungen und Personalreduktionen im BMLVS haben dazu geführt, dass pro Bedienstetem eine deutlich höhere Fläche im AG Rossau zur Verfügung steht, als es in anderen Ministerien der Fall ist. Dadurch könnte es möglich sein, die Mitarbeiter auch ohne Erweiterungsbau in einem Gebäude zu konzentieren.