Neue Radpanzer für das Österreichische Bundesheer

General Dynamics European Land Systems Steyr hat offiziell den Kauf von neuen Radpanzern durch das BMLVS bekanntgegeben.

Die Direktion für Rüstung und Beschaffung hat den Vertrag am 22. Dezember 2016 mit den Unternehmen General Dynamics European Land Systems Steyr GmbH und ESL Advanced Information Technology GmbH abgeschlossen. Insgesamt sind 179 österreichische Firmen als Zulieferer an diesem Projekt beteiligt. Die Bestellung umfasst

  • 34 Radpanzer PANDUR EVO in der Konfiguration als Mannschaftstransportpanzer
  • Ersatzteile
  • Schulung
  • Dokumentation
  • Integration von Beistellteilen (u.a. fernbedienbare Waffenstationen)

Beim PANDUR EVO handelt es sich um eine modellgepflegte Variante des „Pandur“ mit diversen Verbesserungen gegenüber dem Vorgängermodell, u.a. bei Motorisierung und Schutz (ballistischer und Minenschutz). Die hohe logistische Baugleichheit und ähnliche Bedienung zur bestehenden „Pandur“-Flotte soll einen minimalen Schulungsaufwand und den gemischten Einsatz beider Modelle ermöglichen. Als Bewaffnung ist die bereits eingeführte WS-4 PANTHER von ESL AIT vorgesehen. Die Fertigung der Fahrzeuge wird in Wien erfolgen.

Welche Verbände die neuen Fahrzeuge erhalten werden, ist noch nicht entschieden. Derzeit sind zwei Einheiten des Bundesheeres mit dem MTPz „Pandur“ ausgestattet: Einerseits das JgB17 in Straß, wo der „Pandur“ seit November 1996 fixer Bestandteil des Fuhrparks ist, andererseits das JgB19 in Güssing, das Ende 2015 einen Teil der MTPz aus dem Bestand des JgB17 erhielt.

Ein konkreter Bedarf für zusätzliche Fahrzeuge dieses Typs wurde im Februar 2016 durch den Generalstab aufgezeigt. In einem Bericht an den Nationalrat, der auf milnews.at bereits detailliert erläutert worden ist, wurden, abgeleitet aus der Bedrohungslage, entsprechende Forderungen mit einem finanziellen Mindestbedarf von 72 – 76 Mio. EUR begründet:

Aufgrund der gegenwärtigen Bedrohungslage wurde die Erhöhung von Mobilität und Schutz der Truppe durch die Vollausstattung von 3 Jägerbataillonen (JgB) geschützt, sowie drei hochgebirgsbeweglichen Jägerkompanien (hgbwglJgKp) geschützt, einem luftbeweglichen Jägerbataillon (lubwglJgB) sowie dem geschützten Transport der „leichten“ Jägerbataillone (lJgB) und des Jagdkommandos (JaKdo) beurteilt. Daraus ergibt sich der Bedarf an Mannschaftstransportpanzern (MTPz), Allschutztransportfahrzeugen (ATF), geschützten Mehrzweckfahrzeugen, Transportcontainern und Universalgeländefahrzeugen (UGF).

Geschichte des Radpanzers „Pandur“ im Österreichischen Bundesheer

Der Prototyp des Radpanzers „Pandur“ wurde schon 1984 vorgestellt. Er basierte auf einem militärischen Pflichtenheft des BMLV aus dem Jahr 1978. Die Firma Steyr-Daimler-Puch Spezialfahrzeug AG rechnete während der Entwicklung mit einer Bestellung im Jahr 1984. 1991 erprobte das Heeresaufklärungsbataillon unter der Verantwortung von Hauptmann Anton Willmann neben unterschiedlichen Panzerabwehrlenkwaffen mit 4000 m Reichweite (HOT, TOW) auch den Radpanzer „Pandur“. Am 30. Mai 1995 wurde durch das Bundesheer ein Erprobungsschießen mit der PAL 4000 TOW 2B zur Verifikation der Funktionsfähigkeit dieser Panzerabwehrlenkwaffe durchgeführt, wobei die Steyr-Daimler-Puch Spezialfahrzeug AG den „Pandur“ als Basisfahrzeug zur Verfügung stellte. Weitere beteiligte Firmen waren Hughes (USA; PAL 4000 TOW 2B), Kvaerner Eureka (Norwegen; Turm) und Gyncosa (Spanien; Rohr-Abschusseinrichtung).

Erst mit dem Beschluss der Bundesregierung zur Heeresgliederung 92 am 14. Juli 1992 wurde die Anschaffung splittergeschützter Mannschaftstransportfahrzeuge (Radschützenpanzer) mit Priorität verfolgt und das dazugehörige militärische Pflichtenheft im April 1993 genehmigt.

Abb. 4: Pandur ARSV-30 (SDPAG)

Abb. 1: Pandur ARSV-30 [SDPAG, in: Armored Car. The Wheeled Fighting Vehicle Journal, Bd. 6 (1991), p. 2]

In der Nationalratssitzung vom 21. April 1993 führte der damalige Verteidigungsminister, Dr. Werner Fasslabend, aus, dass er demnächst mit einem Ministerratsbeschluss rechne und dass von der Bestellung bis zur ersten Lieferung mit einem Zeitraum von ca. 16 Monaten zu rechnen sei. Man würde zunächst eine „UN-Ausstattung“ (deshalb die Bezeichnung „MTPz/UN“) von ungefähr 50 Stück und darauf folgend eine „Erstausstattung“ für die Jägertruppe im Umfang von ca. 450 Stück ankaufen. Davon würde die erste Tranche ca. 250 Radpanzer für rund 2,5 Mrd. ÖS umfassen, wodurch vier Bataillone mit je 62 Fahrzeugen ausgestattet werden könnten.

Abb. 2: Konfiguration des PANDUR (SDPAG)

Abb. 2: Konfiguration des PANDUR (SDPAG)

Die Beschaffungsabsicht wurde mit dem Regierungsbeschluss vom 25. Mai 1993 über die Grundsätze der künftigen österreichischen Mitwirkung an friedenserhaltenden Operationen erneut bekräftigt. Der Verteidigungsminister unterrichtete daraufhin den Landesverteidigungsrat über den notwendigen Kauf von 68 Radpanzern für Infanterie- und Aufklärungseinheiten. Im Juli 1993 folgte die Angebotseinholung, ein Monat später eine öffentliche Ausschreibung. Folgende Unternehmen reagierten darauf:

  • Steyr-Daimler-Puch Spezialfahrzeug AG (Österreich; Pandur)
  • MOWAG (Schweiz; Piranha)
  • Thyssen-Henschel (Deutschland; FUCHS)
  • VAB (Frankreich)
  • Sisu (Finnland; Sisu PASI – PAnssari SIsu)

Ein Bericht des Rechnungshofs vom 9. Dezember 1995 betreffend Auslandseinsätze (Bund 1995/7) stellte erhebliche Verzögerungen bei der damit in Zusammenhang stehenden Aufstellung „Vorbereiteter Einheiten“ fest. Es sollten, neben sonstigem Gerät im Umfang von rd. 60 Mio. ÖS, in den Jahren 1995 – 1997 auch gepanzerte Radfahrzeuge im Wert von 635 Mio. ÖS (inkl. USt) angeschafft werden. Lediglich die Zahlungen für 1995 von ca. 200 Mio. ÖS konnten sichergestellt werden, während die geplanten Vorhaben nicht in das Beschaffungsprogramm aufgenommen wurden.

Am 25. März 1994 wurde zwischen dem Bundesministerium für Landesverteidigung und der Steyr-Daimler-Puch Spezialfahrzeug AG ein Vertrag im Wert von 530 Mio. ÖS (inkl. 24 Mio. ÖS für Ausstattung, Ersatzteile und Schulung) über die Lieferung von 68 Mannschaftstransportpanzern „Pandur“ (+ Werkzeuge, Ersatzteile, Dokumentation und Ausbildungsleistungen) abgeschlossen. Der endgültige Vertrag konnte erst im September 1994 unterzeichnet werden. Nach der Lieferung der ersten beiden Radpanzer an das Amt für Wehrtechnik, stellte man bei der Prüfung fest, dass geforderte Leistungsmerkmale (Beschleunigung, Geräuschpegel, Grabenüberschreitfähigkeit) nicht erfüllt wurden. Auf Antrag der Lieferfirma wurden diese Mängel durch das BMLV ohne Gegenleistung toleriert. Die „Beschaffung von gepanzerten Radfahrzeugen“ war u.a. Prüfgegenstand eines am 22. April 1997 erschienenen Sonderberichts des Rechnungshofes über das Beschaffungswesen im Bereich des Bundesministeriums für Landesverteidigung.

Die Einführung des „Pandur“ beim JgB17, von 1994 bis 1. April 1999 Jägerregiment 5, diente der Aufstellung eines Prototypverbandes zur späteren Etablierung der 1. Jägerbrigade als „gehärtete Jägerbrigade“ im Rahmen der Strukturanpassung der Heeresgliederung 95 (HG STRAN). Schon am 18. Januar 1994 waren der damalige Leiter der Sektion IV, General Peter Corrieri, und Amtsdirektor Ellbogen zu Gast beim Jägerregiment 5 und kündigten dem Bataillonskommandanten, Obstlt Josef Paul Puntigam, die Ausstattung seines Verbandes mit Mannschaftstransportpanzern an. Es folgte eine Präsentation des Prototyps am Garnisonsübungsplatz. Die ersten „Pandur“ wurden am 8. November 1996 an das Jägerregiment 5 übergeben.

Verbandsabzeichen der 1. Jägerbrigade

Abb. 3: Verbandsabzeichen der 1. Jägerbrigade (Foto: Bundesheer)

Abb. 4: Friedensgliederung der HG STRAN (Foto: Bundesheer)

Für die Aufstellung des Prototypverbandes wurde auch die Erzherzog-Johann-Kaserne in Straß ausgebaut und erhielt einen Garagenbezirk mit vier Einstellhallen zur Unterbringung der Radpanzer, eine Tankstellenanlage, ein Betriebsmittellager und ein neues Wachgebäude. Der Bau des Garagenbezirks begann 1997 und am 13. September 2000 wurden die neuen Gebäude feierlich übergeben. Außerdem wurde der Garnisonsübungsplatz durch Grundstücksankäufe erweitert.

Abb. 2: Der Garagenbezirk der Erzherzog-Johann-Kaserne.

Abb. 5: Der Garagenbezirk der Erzherzog-Johann-Kaserne.

Abb. 3: Das am 5. Oktober 2001 eröffnete Kompaniegebäude.

Abb. 6: Das am 5. Oktober 2001 eröffnete Kompaniegebäude.

Parallel dazu führte das Bundesheer seit dem 12. November 1996 beim Aufklärungsbataillon 3 in Mistelbach eine Erprobung des MTPz „Pandur“ als Einsatzfahrzeug für die Aufklärungstruppe durch.

Der 1. Jägerbrigade waren folgende Verbände unterstellt (inkl. Detailgliederung):

  • Kommando (Martin-Kaserne, Eisenstadt)
    • FGG 1: Personalführung und Personalverwaltung
    • FGG 2: Aufklärung und militärische Sicherheit
    • FGG 3: Einsatzvorbereitung und Einsatzführung
    • FGG 4: Planung und Veranlassung von Versorgungsmaßnahmen
    • FGG 5: Öffentlichkeitsarbeit
    • FGG 6: Informationstechnologie und Informationsmanagement
  • Stabsbataillon 1 (Martin-Kaserne, Eisenstadt; Truppenübungsplatz Bruckneudorf)
    • Aufklärungskompanie [AufklKp]
    • Stabskompanie [StbKp]
    • Fernmeldekompanie [FMKp]
    • Nachschub-, Transport- und Instandsetzungskompanie [NTIKp]
    • Leichte Fliegerabwehrlenkwaffenbatterie gepanzert [lFALBt(gep)]
    • Pionierkompanie gepanzert [PiKp(gep)]
  • Jägerbataillon 12 (Ostarrichi-Kaserne, Amstetten)
    • Stabskompanie
    • 1. Jägerkompanie (Anm.: luftbeweglich)
    • 2. Jägerkompanie (Anm.: gehärtet)
    • 3. Jägerkompanie (Anm.: alpinbeweglich)
    • schwere Kompanie (Anm.: Panzerabwehr, Steilfeuer, Pionierdienst)
  • Jägerbataillon 17 (Erzherzog-Johann-Kaserne, Straß; Mickl-Kaserne, Bad Radkersburg)
    • Kommando (Straß)
    • Stabskompanie (Straß)
    • 1. Jägerkompanie (Straß)
    • 2. Jägerkompanie (Bad Radkersburg)
    • 3. Jägerkompanie (Straß)
    • Betriebsversorgungsstelle (Straß)
Abb. 3: Verbandsabzeichen des Jägerregiments 5 und des Jägerbataillons 17.

Abb. 3: Verbandsabzeichen des Jägerregiments 5 (Foto: Bundesheer)

st-15

Abb. 4: Verbandsabzeichen des Jägerbataillons 17 (Foto: Bundesheer)

 

 

 

 

 

 

 

 

Der erste Auslandseinsatz, für den der „Pandur“ vorgesehen war, war die Entsendung eines österreichischen Kontingents zum UN-Einsatz MINURSO in der Westsahara, den die Bundesregierung am 10. Februar 1998 beschlossen und der Hauptausschuss des Nationalrates am 10. März 1998 genehmigt hatte. Bis zu 235 Soldaten (225 Infanteristen + 10 Mann Stabspersonal) sollten nach Afrika geschickt werden. Es war geplant, einen Zug der Infanteriekompanie mit Mannschaftstransportpanzern/UN auszustatten. Dieses Kontingent wurde schließlich von der UNO nicht in Anspruch genommen. Die erste Auslandsentsendung erlebte der MTPz/UN „Pandur“ schließlich im Jahr 1999, als die Bundesregierung am 25. Juni den Einsatz des Infanteriekontingents AUCON/KFOR im Kosovo beschloss. Zur Erkundung des Einsatzraumes und zur Erfüllung von Stabsfunktionen wurden zuerst 22 Soldaten und drei Puch G mit einer C-130 „Hercules“ von Langenlebarn nach Pristina geflogen. Am 3. August verfügte der Generaltruppeninspektor die Entsendung eines Pionierelements von ca. 170 Mann und 4 MTPz „Pandur“ für Sicherungsaufgaben. Die Pioniere zum Lageraufbau verlegten ab dem 18. August in den Kosovo. Die Formierungsweisung für das Infanteriekontingen erging an das Jägerbataillon 17 in Straß. Das Kontingent, bestehend aus 485 Soldaten, wurde am 20. September 1999 verabschiedet und am nächsten Tag per See-, Luft- und Landtransport in den Kosovo verlegt, wobei das gepanzerte Jägerbataillon und das Aufbauelement in Suva Reka zum Einsatz kamen. Der MTPz „Pandur“ bildet bis heute das Rückgrat des österreichischen Engagements im Kosovo.

Die Grundlage für die HG STRAN bildete der am 23. Januar 1997 vorgelegte Situationsbericht 1996, der die Anpassung der HG-Neu beschrieb. Die Reform war in erster Linie durch massive Einsparungen seit dem Jahr 1992 getrieben, die mehrfach zur Verschiebung und zahlenmäßigen Reduzierung geplanter Rüstungsbeschaffungen führten. Die Rüstungsplanung im Bereich Radpanzer zum Zeitpunkt des Berichts gestaltete sich wie folgt:

Folgende Beschaffungsprojekte in der Realisierungsphase erbringen neben einer teilweisen personellen Straffung und der Senkung von Betriebskosten auch eine wesentliche Qualitätssteigerung der Ausrüstung des österreichischen Bundesheeres :

[…]

– Mit der Beschaffung von 68 Stück Mannschaftstransportpanzer „Pandur“ für VOREIN wurde ein Schritt zur verbesserten Beweglichkeit im Einsatz für Peace Keeping-Operationen gesetzt und damit der Einsatz von VOREIN-Kräften mit international üblichem Ausrüstungsstandard ermöglicht.

[…]

Als Vorbereitung zur Umsetzung der Projektplanung für die Radpanzerfamilie wird derzeit der Akt zur Beschaffungsfreigabe erstellt. Geplant ist zunächst der Zulauf von rund 200 Stück.

Das BMLV plante 1998, wie aus einer Anfragebeantwortung zum Beschaffungsprogramm hervorgeht, weiterhin den Ausbau der „Pandur“-Flotte auf insgesamt 200 Stück (inkl. der 68 vorhandenen MTPz). Diese zusätzlichen 132 Radpanzer sollten in folgenden Konfigurationen geliefert werden:

  • Führungs-/Funkpanzer
  • Aufklärungspanzer
  • Beobachtungspanzer
  • Sanitätspanzer
  • Mannschaftstransportpanzer

Dies sollte im Rahmen des am 10. Dezember 1996 vom Landesverteidigungsrat empfohlenen „Mech-Pakets“ geschehen, welches auch die Beschaffung von Schützenpanzern ASCOD „Ulan“ und gebrauchten niederländischen Kampfpanzern „Leopard“ 2A4 sowie deutschen Raketenjagdpanzern „Jaguar 2“ (inkl. Lenkwaffen PAL 4000 „HOT 2“ und „HOT 3“) umfasste. Im Regierungsprogramm für die XXI. Gesetzgebungsperiode wurde beschlossen, das Mech-Paket aus Kasernenerlösen zu finanzieren:

Bundesheer

[…]

Maßnahmen

[…]

6. Die Erlöse aus Kasernenverkäufen dienen zur Ausfinanzierung des Mech-Pakets; sie werden wie bisher für die nächste Legislaturperiode dem BMLV zu 100% zur Verfügung gestellt.

Man priorisierte dabei zunächst die Übernahme der 114 Kampfpanzer „Leopard“, gefolgt von den 90 Raketenjagdpanzern „Jaguar“ und den 112 Schützenpanzern „Ulan“. Der Radpanzerfamilie kam wegen der höheren Komplexität unterschiedlicher Modellvarianten die niedrigste Priorität zu. Am 17. Juni 1999 berichtete der Bundesminister für Landesverteidigung bei einer Fragestunde im Nationalrat, dass die „Turmfrage“ beim Aufklärungspanzer „gelöst“ worden sei.

Im November 2000 kündigte der neue Bundesminister, Mag. Herbert Scheibner, eine für 2001 geplante Anschaffung von 80 – 90 Radpanzern „Pandur“ an. Diese sollten einem gepanzerten Infanteriebataillon zugeteilt werden, welches das BMLV in die im Helsinki Headline Goal von 1999 geplante Eingreiftruppe (15 Brigaden bzw. 50.000 – 60.000 Mann) einbringen wollte. Zu diesem Zweck erprobte die Panzertruppenschule ab dem 8. November 2002 einen Prototyp des „Pandur“ II 6×6.  Außerdem wurden drei unterschiedliche Türme getestet:

  • Kuka-Rheinmetall E602
  • Kongsberg Overhead Weapon Station
  • LIW (Denel) LCT 40

Neben der Anschaffung des Mannschaftstransportpanzers mit Turm war für einen späteren Zeitpunkt der Zulauf folgender Varianten geplant (In derselben Konfiguration wie der MTPz, aber mit einer an den Einsatzzweck angepassten Innenausstattung.):

  • MTPz/PALTrp (Transport eines Panzerabwehrlenkwaffentrupps mit PAL 2000 BILL)
  • MTPz/Fü (Führungspanzer)

Damit sollte die Stückzahl auf insgesamt 130 Radpanzer ansteigen. Zusätzlich hätten noch fünf unbewaffnete SanPz (Sanitätspanzer) bestellt werden sollen. Das militärische Pflichtenheft für den „Radpanzer Neu“ wurde im Jänner 2004 genehmigt. Die geplante Beschaffung konnte aber nicht mehr umgesetzt werden. Es kam parallel zu den planerischen Vorbereitungen für den Kauf neuer Radpanzer zur Beschaffung von drei Sanitätspanzern „Pandur“ (SanPzRd) für ca. 3,8 Mio. EUR, die im November 2003 übergeben worden sind.

2016 konnten für ca. 500.000 EUR mehrere gebrauchte Radpanzer „Pandur“ (6 Mannschaftstransportpanzer + 1 Sanitätspanzer) vom belgischen Verteidigungsministerium erworben werden. Diese sind zur Umrüstung als Führungspanzer bzw. als Trägerfahrzeuge für IED-Störsender (CREW – Counter Radio Controlled – IED Electronic Warfare) vorgesehen.

Kampfwertsteigerungsmaßnahmen der „Pandur“-Flotte

Der MTPz „Pandur“ hat in seiner Nutzungsdauer mehrere Stufen der Kampfwertsteigerung erfahren. Derzeit wird die dritte Kampfwertsteigerung auf den Stand „A3“ durchgeführt.

Mit der ersten Kampfwertsteigerung auf den Stand MTPz A1 UN/“Pandur“ wurden u.a. eine neue Heizung, eine neue Verkabelung der Zentralelektrik, neue Fernmeldegeräte und Minenschutzsitze installiert. Diese Maßnahme wurde bis zum Jahr 2004 bei allen 68 Radpanzern umgesetzt.

Abb. 4: Übergabe des letzten MTPz "Pandur" A1 im Heereslogistikzentrum Graz am 1. April 2004 (Foto: Bundesheer/Jürgen Spreitzer)

Abb. 7: Übergabe des letzten MTPz „Pandur“ A1 im Heereslogistikzentrum Graz am 1. April 2004 (Foto: Bundesheer/Jürgen Spreitzer)

Waffenstation

2010 wurde als nächste Stufe die Aufrüstung auf den Stand „MTPz/UN A2“ eingeleitet. Im Dezember 2011 beauftragte das Verteidigungsministerium ESL AIT mit der Lieferung von 20 fernbedienbaren Waffenstationen WS4 „Panther“ im damaligen Wert von ca. 7,5 Mio. EUR zur Aufrüstung von 20 MTPz „Pandur“. Diese Waffenstation verfügt über eine Stabilisierung sowie Wurfanlage und Sensorbox mit Tageslichtkamera, Wärmebildkamera, Laserentfernungsmesser und Suchscheinwerfer. Zusätzlich wurden eine Rückfahrkamera eingebaut und neue Tarnnetze angeschafft. Bis 2013 folgte eine zweite Bestellung über weitere 20 Waffenstationen. Insgesamt wurden ca. 23 Mio. EUR in den Umbau aller 68 Mannschaftstransportpanzer investiert, wobei die mechanische Integration des Systems in den MTPz „Pandur“ von der Abteilung Fahrzeug- und Gerätetechnik des Amts für Rüstung und Wehrtechnik (ARWT/FGT) übernommen wurde.

Im Zuge der Erprobung des Führungs- und Waffeneinsatzsystems „Combat NG“ (in Zusammenarbeit mit dem AAB7 aus Feldbach) ersetzte man den Bildschirm des Kommandanten mit einem gehärteten Computer ETC Mk IV. Die ersten drei kampfwertgesteigerten Fahrzeuge wurden in der ersten Märzwoche 2015 an das JgB17 übergeben und in Zusammenarbeit mit der Heerestruppenschule erprobt.

Abb. : Waffenstation WS-4 "Panther" auf dem MTPz "Pandur" A2 (Foto: Bundesheer/GUNTER PUSCH)

Abb. 8: Waffenstation WS-4 „Panther“ auf dem MTPz „Pandur“ A2 (Foto: Bundesheer/GUNTER PUSCH)

Abb. : "Pandur" A2 im Einsatz beim Jägerbataillon 17 (Foto: Bundesheer/Robert Gießauf)

Abb. 9: MTPz „Pandur“ A2 während einer Übung am Garnisonsübungsplatz Straß (Foto: Bundesheer/Robert Gießauf)

Abb. : MTPz "Pandur" A2 während einer Übung am Garnisonsübungsplatz Straß (Foto: Bundesheer/Robert Gießauf)

Abb. 10: MTPz „Pandur“ A2 während einer Übung am Garnisonsübungsplatz Straß (Foto: Bundesheer/Robert Gießauf)

Abb. 7: Fahrzeugkommandant eines "Pandur" A2 mit dem ETC Mk IV.

Abb. 11: Fahrzeugkommandant eines „Pandur“ A2 mit dem ETC Mk IV (Foto: Bundesheer/GUNTER PUSCH)

Der „Pandur“ A2 erlebte seinen ersten Auslandseinsatz ab Ende November 2015. Das wegen der laufenden Modifikation in Graz bzw. der technischen Abnahme beim ARWT unter erheblichem Zeitdruck stattfindende Vorhaben wurde ab dem 24. November umgesetzt, als ein neunköpfiges Übergabeteam des JgB17 und des HLogZ Graz in den Kosovo reiste. Am 26. November wurden 14 „Pandur“ A2 am Bahnhof Leibnitz verladen und bis zum 28. November zum Bahnhof Grilica im Kosovo transportiert. Nach der Fahrt der neuen Panzerfahrzeuge zum Lager der KFOR in Prizren kamen die zu ersetzenden „Pandur“ A1 nach Grilica und konnten nach Österreich zurückgebracht werden.

Abb. : MTPz "Pandur" A2 bei der Entladung in (Foto: Bundesheer/Naronnig Jens)

Abb. 12: MTPz „Pandur“ A2 bei der Entladung in Grilica (Foto: Bundesheer/Naronnig Jens)

Zusatzpanzerung

Der nächste Schritt betraf die Steigerung des ballistischen und Minenschutzes der Radpanzer. Die Konfiguration des beim Bundesheer in Verwendung stehenden MTPz „Pandur“ ist auf einen frontalen ballistischen Schutz von max. 14,5 mm ab 1000 m bzw. 12,7 mm ab 100 m ausgelegt. Die Panzerung schützt rundum vor Patronen im Kaliber 5,56 mm, im Innenraum wurden Schutzmaßnahmen gegen Sekundärsplitter getroffen. Der durch die gegebene Bodenfreiheit und die im Zuge der ersten Kampfwertsteigerung eingebauten Sitze gewährleistete Minenschutz liegt bei Level 1 (STANAG 4569).

Um die Besatzung vor den steigenden Bedrohungen im Auslandseinsatz zu schützen schrieb die Direktion für Rüstung und Beschaffung am 21. November 2013 die Entwicklung eines ballistischen Schutzes, IED-Schutzes und Minenschutzes für den MTPz „Pandur“, die Anpassung an spezielle Varianten (Option) und die Lieferung der angepassten Schutzsysteme aus. Das Projekt ist eine gemeinsame Beschaffung mit dem „Pandur“-Betreiber Belgien. Der Auftrag wurde am 13. Januar 2015 an das Schweizer Rüstungsunternehmen RUAG Defence vergeben, das sich gegen sieben andere Hersteller von Panzerungen durchsetzen konnte. Der Gesamtauftragswert beträgt 13.568.200 EUR. Die Vertragsunterzeichnung folgte am 16. März 2015 – damit ist die Entwicklung des Schutzsystems abgedeckt, für die Bestellung der angepassten Schutzsysteme sind eigene Verträge vorgesehen. Die bestehende Panzerung des „Pandur“ wird mit den Lösungen SidePRO-KE/IED (Verbundpanzerung) und MinePRO (Minenschutzplatte) ergänzt. Zusätzlich werden ein neues Verstausystem und neue Minenschutzsitze eingebaut. Bis dato (1. Februar 2017) wurde ein Fahrzeug für die zerstörerische Qualifikation (Minenschutztests) hergestellt. Der Bau der Prototypen beginnt im 2. Quartal 2017, die Fertigung der Serienfahrzeuge ab dem 1. Quartal 2018.

Ergänzende Maßnahmen

Durch den Einbau von Waffenstation und Zusatzpanzerung steigt das höchstzulässige Gesamtgewicht des MTPz „Pandur“ von 13,5 t auf 16,8 t an. Um die hohe Mobilität des Radpanzers sicherstellen zu können, sind insgesamt 15 technische Begleitmaßnahmen im Bereich der Lenkanlage, der Bremsanlage und des Fahrwerks erforderlich (auszugsweise):

  • Erhöhung der Federrate von Schraubenfedern und Torsionsfedern an den Achsen
  • Verstärkung der Stoßdämpfer
  • Verstärkung der Aufnahmen der Radaufhängung der Wanne
  • Verstärkung des Querlenkers an 1. und 2. Achse
  • Austausch der aus Stahl gefertigten Bremskolben durch Bremskolben aus Keramik und Ergänzung durch Keramik-Zwischenscheiben
  • Änderung des Materials der Bremsscheibe von Grauguss auf gehärteten Vergütungsstahl
  • Änderung der Geometrie der Innenbelüftung der Bremsscheibe
  • Austausch der organischen Bremsbeläge des „Pandur“ durch neue Sinterbremsbeläge

Verantwortlich sind die Abteilung Waffensysteme und Munition (WSM) im Amt für Rüstung und Beschaffung, das Amt für Rüstung und Wehrtechnik (ARWT) und die Herstellerfirma GDELS Steyr. Die neue Keramik/Sinter-Bremse wurde in Zusammenarbeit zwischen ARWT/FGT und der Technischen Universität Wien entwickelt. Der Bau des Prototypen wird durch GDELS Steyr vorgenommen, während die Serienumrüstung im Heereslogistikzentrum Graz umgesetzt werden wird.

Um den erhöhten Strombedarf moderner Infanterieausrüstung gewährleisten zu können, wird außerdem die Lichtmaschine des GMF Iveco LMV in den „Pandur“ integriert. Zusätzliche geplante bzw. bereits eingeleitete Schritte zur Kampfwertsteigerung betreffen die Einrüstung von Störsendern gegen ferngezündete Sprengfallen (CREW) und Schussortungssystemen. Im Rahmen des Projekts „Soldat 2018“ erprobte das Institut Jäger der Heerestruppenschule die Lösungen EARS VMS (Vehicle Mounted System) von QinetiQ und V-AMMS (Vehicle based Acoustic Multi-Mission Sensor) von Microflown Avisa.

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  1. Helmut LANGSTADLINGER

    Die Zukunft gehört den Radpanzern
    Gratulation an alle Beteiligten zur Entstehung und Entwicklung des Pandurs
    Ich bin stolz auf ein solches österreichisches Produkt das mit viel Voraussicht
    Geduld und Kompetenz inovativ und kostensparend zum Einsatz kommt (man rufe sich die Geschichte des „Dilemmas“ der deutschen Panzerkampfwagen im 2. Weltkrieg in Erinnerung)
    Ein Geniestreich angesichts der aktuellen Bedrohungslage
    Das Interesse an ausländischen Armeen bestätigt den richtigen Weg zum „schlanken aber schlagkräftigen “ Bundesheer
    Es grüßt Euch herzlichst ein glühender Fan des Pandurs

  2. Helmut LANGSTADLINGER

    Für ein Miteinander gegen Gewalt und Terror

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