Wie das Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport heute in zwei Presseaussendungen mitteilt, werden die im Rahmen von ÖBH 2018 geplanten Sparmaßnahmen im Bereich der Kasernen weitgehend und im Bereich der Militärmusik vollständig zurückgenommen. Diese Maßnahmen wurden bei der Landeshauptleute-Konferenz in Salzburg ( http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20160511_OTS0174/ergebnisse-der-landeshauptleutekonferenz-in-salzburg) verkündet.

Rücknahme der Einsparungen bei Kasernenstandorten

Von insgesamt fünfzehn betroffenen Liegenschaften werden nun sieben weiterhin betrieben:

  • Goiginger-Kaserne in Bleiburg/Kärnten (dzt. Lehrkompanie / StbB7);
  • Hubschrauberstützpunkt Annabichl in Klagenfurt/Kärnten;
  • Radetzky-Kaserne in Horn/Niederösterreich (dzt. 1. Aufklärungskompanie / AAB4; 2. Aufklärungskompanie / AAB4)
  • Kornellhof in Wiener Neustadt/Niederösterreich;
  • Tilly-Kaserne in Freistadt/Oberösterreich (dzt. Lehrkompanie / PzStbB4);
  • Amtsgebäude Garnisonstraße in Linz/Oberösterreich;
  • Strucker-Kaserne in Tamsweg/Salzburg (dzt. 3. Jägerkompanie hochgebirgsbeweglich / JgB 23);
  • Hadik-Kaserne in Fehring/Steiermark;
  • Franz-Josef-Kaserne in Lienz/Tirol (dzt. 1. Jägerkompanie hochgebirgsbeweglich KPE / JgB 24);
  • Frundsberg-Kaserne in Vomp/Tirol (dzt. HSStp, Tle SanZ WEST);
  • Amtsgebäude Franz-Josef-Kai/Wien;
  • Amtsgebäude Vorgartenstraße/Wien;
  • Bundesamtsgebäude Hetzgasse/Wien;
  • Amtsgebäude Straussengasse/Wien;
  • Starhemberg-Kaserne/Wien

Das BMLVS hat in einem internen Argumentationskatalog das Einsparungspotential bei den Betriebskosten im Falle der Schließung von fünf der betroffenen Standorte auf rund 827.000 EUR jährlich geschätzt. Sieht man von den Amtsgebäuden und der Radetzky-Kaserne in Horn ab, handelt es sich bei den sieben Liegenschaften fast ausschließlich um Kleinkasernen, die durchschnittlich mit nicht mehr als einer Kompanie belegt sind. Dieser geringen Belegung stehen ganz erhebliche Fixkosten beim Weiterbetrieb gegenüber, da in jeder Kaserne, unabhängig von der Größe und effektiven Nutzung

  • Bewachung
  • Küche mit Speisesaal und Betreuungseinrichtungen
  • allgemeine Verwaltung (Dienstbetrieb)
  • bauliche Instandhaltung, Reinigung, Schneeräumung, Grünpflege, etc., und
  • Betriebskosten (Heizung, Strom, Kanal, etc.)

anfallen.

Auffällig ist, dass alle Schließungspläne für militärische Liegenschaften im Bundesland Wien nicht zurückgenommen werden. Die Wiener SPÖ hat bei einer Klubtagung in Rust am Neusiedler See am 14. und 15. März 2013 (Etwas mehr als ein Jahr vor der Präsentation des Strukturpakets „ÖBH 2018“ durch das Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport.) beschlossen, speziell Kasernen als so genannte „Brachflächen“ für Wohnungsneubauten zu nutzen:

Um das Potenzial für Wohnungsneubauten bestmöglich auszunutzen, kündigte Wohnbaustadtrat Michael Ludwig an, vor allem Brachflächen nutzen zu wollen. Das betreffe ehemalige Industrie-Areale, Kasernen und Bahnhöfe. Bei der inneren Stadtentwicklung solle die Schaffung zusätzlichen Wohnraums forciert werden. „Das werden wir über eine Ergänzung zur Förderschiene für Wohnhaussanierungen, mit der Thewosan plus-Förderung machen“, sagte Ludwig. Mit zusätzlichen Maßnahmen wolle er die steigenden Preise bei Liegenschaften eindämmen, um Spekulationen mit Baulandgebieten zu unterbinden. Dazu werde die Widmungskategorie „förderbarer Wohnbau“ eingeführt.

Voraussichtlich ab dem nächsten Jahr solle eine neue Infrastrukturabgabe eingehoben werden, über die Liegenschaftseigentümer künftig einen Beitrag zur notwendigen Schaffung und Bereitstellung der Infrastruktur leisten werden.

Ähnliche Ideen ventilierte auch die Wiener ÖVP im Jahr 2011 (als von einem „ÖBH 2018“ noch gar keine Rede war; https://www.wien.gv.at/rk/msg/2011/01/24012.html):

GR Alfred Hoch, Landesgeschäftsführer der ÖVP Wien, sprach sich am Montag für eine „sinnvolle Nachnutzung“ von Heeresobjekten, die im Zuge einer Heeresreform nicht mehr benötigt würden, aus. Laut derzeitiger Debatte solle es in Wien künftig nur noch eine Großkaserne und ein Verwaltungsgebäude geben. Alle anderen Kasernen und Amtsgebäude, wie etwa die Marinekaserne Tegetthoff oder das Amtsgebäude Vorgartenstraße, sollten abgestoßen werden. Die ÖVP sehe hier eine „Chance für Wien“. Die frei werdenden Areale sollten „für stadtplanerische Maßnahmen im Sinne der wirtschaftlichen Entwicklung der Stadt“ verwendet werden, so Hoch.

Die ÖVP fordere die Stadt Wien auf, in Kaufverhandlungen um frei werdende Kasernen-Areale zu treten und zügig mit der stadtplanerischen Konzeption zu beginnen. Nicht der Wohnbau alleine solle hier im Zentrum der Überlegungen stehen. Die Kasernen und Amtsgebäude ließen sich auch für Büros, Start-Up Unternehmen oder Bildungseinrichtungen nutzen.

Rücknahme der Einsparungen bei der Militärmusik

Über die Position der Landeshauptleute zur Militärmusik und die Kritik des Rechnungshofs wurde hier schon ausführlich berichtet (http://milnews.at/2015/rechnungshof-kritik-personal/). Auf Druck der Landeshauptleutekonferenz wird nun eine Expertengruppe mit folgenden Zielen eingesetzt:

  • Aufrechterhaltung der musikalischen Qualität
  • Wiederherstellung der Spielfähigkeit
  • Kostenneutralität gegenüber dem ursprünglichen System (vor ÖBH 2018)

Der wesentliche Punkt ist hier die geforderte Kostenneutralität gegenüber dem Stand vor ÖBH 2018. Anders ausgedrückt bedeutet das, dass das vom BMLVS bei der Projektierung von ÖBH 2010 erhobene Einsparungspotential in der Höhe von rd. 2,5 Mio. EUR bis 3 Mio. EUR weiterhin nicht ausgeschöpft wird.

Reaktionen

Die Rücknahme der Einsparungen wurden vor allem von der ÖVP begrüßt. In einer Aussendung (http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20160511_OTS0155/hoefinger-sieber-und-toechterle-begruessen-umdenken-zugunsten-der-militaermusik) teilte die Partei mit:

Die ÖVP-Abgeordneten Johann Höfinger, Norbert Sieber und Karlheinz Töchterle begrüßen das heute im Rahmen der Landeshauptleute-Konferenz bekannt gegebene Umdenken zugunsten des Erhalts und der Stärkung der Militärmusik.

 

„Blasmusik ist ein wichtiges, wenn auch oft unterschätztes Kulturelement in Österreich. Es ist erfreulich, dass Minister Doskozil diesen hohen Wert schätzt und auch entsprechende Schritte setzen will, um die spielfähige Größe und Qualität der Militärmusik zu erhalten und weiter zu stärken“, so die Abgeordneten, die selbst in Musikkapellen aktiv sind bzw. waren und sich – u.a. auch mit einem sichtbaren Zeichen am Ballhausplatz beim Sympathiekonzert zum Erhalt der Militärmusiken in den Bundesländern im Mai 2015 – für den Erhalt der Militärmusik einsetzen.